„Eine besondere Nähe zwischen schulischer und beruflicher Praxis“
25 Jahre Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen: Eine einzigartige Schulform feiert in diesem Jahr ein Jubiläum. In einer modernen Lernumgebung mit vielen Abschlussangeboten werden die dringend benötigten Fachkräfte von morgen ausgebildet.
Von Dorothee Feller
Ministerin für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen
Kürzlich stand ich vor einem Raum, aus dem hörbar das pure Leben nach draußen drang. Stimmen konnte man vernehmen, immer wieder ein Lachen – und den Sound von Werkzeugen, die bohrten, frästen oder stanzten. Arbeitsminister Karl-Josef Laumann stand mit mir vor diesem Raum, und als wir hineingingen, trafen wir auf gut gelaunte junge Menschen in Handwerkermonturen, jede Menge Arbeitsmaterial und einen 3-D-Drucker, der sanft surrte. Die Auszubildenden arbeiteten in der Werkstatt des Franz-Jürgens-Berufskollegs in Düsseldorf und hatten mit ihren Lehrkräften augenscheinlich und akustisch erlebbar viel Freude an dem, was sie taten. Auf demselben Gang, in einem anderen Raum, saßen andere junge Menschen an Tischen und lernten, eine typisch schulische Situation. Wenige Meter voneinander entfernt fanden wir also genau das vereint vor, was unsere Berufskollegs ausmacht: die besondere Nähe zwischen schulischer und beruflicher Praxis.
Die Möglichkeiten, einen Schulabschluss zu erwerben, und die Möglichkeiten, einen beruflichen Ausbildungsabschluss zu erreichen, sind bei uns in Nordrhein-Westfalen seit 25 Jahren eng miteinander verzahnt. Seit dem Jahr 1999 gibt es die Schulform der Berufskollegs, derzeit haben wir davon 360. Berufskollegs gehören zu den häufigsten Schulformen in unserem Bundesland. Und sie sind ein echtes Erfolgsmodell.
An ihnen kann man gleichzeitig einen Berufsschulabschluss und eine Hochschulzugangsberechtigung erwerben. Es ist möglich, sich beruflich weiter zu orientieren und in derselben Zeit einen ersten Schulabschluss machen, wenn das vorher noch nicht an einer anderen Schule passiert ist. Die Berufskollegs bieten Berufsabschlüsse nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder der Handwerksordnung (HwO) oder Abschlüsse der Sekundarstufe II wie die Fachhochschulreife oder die allgemeine Hochschulreife. Sie bieten auch die Möglichkeit, das Abitur zu machen und parallel staatlich anerkannte Erzieherin oder staatlich anerkannter Erzieher zu werden – eine bundesweit einzigartige Kombination. Auf diese Schulform mit ihrer Fülle an Bildungsangeboten, ihre Auszubildenden, Studierenden beziehungsweise Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer können wir in Nordrhein-Westfalen wirklich stolz sein.
Die Berufskollegs bedienen exakt die Schnittstelle zwischen Schule und Beruf und wirken somit als Zukunftsmotor genau dort, wo die dringend benötigten Fachkräfte von morgen – wie etwa Erzieherinnen, Köche, Tischler oder Fachinformatikerinnen – ausgebildet werden.
Die Bedeutung der Berufskollegs zeigt sich allein schon daran, dass sie unverzichtbar ist, wenn es um die Umsetzung von Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel geht. Sie bedienen exakt die Schnittstelle zwischen Schule und Beruf und wirken somit als Zukunftsmotor genau dort, wo die dringend benötigten Fachkräfte von morgen – wie etwa Erzieherinnen, Köche, Tischler oder Fachinformatikerinnen – ausgebildet werden. Das alles geschieht bereits auf einem sehr hohen Niveau. Aber da wir das Berufsbildungsland Nummer eins in Deutschland werden wollen, soll und muss es weitere Verbesserungen geben.
Dazu gehört, dass wir die Wechsel von den Schulbänken in die Betriebe schneller und fließender möglich machen müssen. Zu diesem Zweck hat das Land gemeinsam mit den die Arbeitspolitik realisierenden Regionalagenturen 106 Coaches aktiviert, die junge Menschen in ihrer beruflichen Orientierungsphase und Unternehmen zusammenbringen. Neuerdings gibt es zudem 133 Übergangslotsen, die Schülerinnen und Schüler der Berufskollegs im Übergangssektor begleiten und Kontakte in die Betriebe bauen – ein gemeinsames Projekt mit dem Arbeits- und Gesundheitsministerium des Landes. Seit diesem Schuljahr haben wir die praktischen Anteile in der Bildungslaufbahn durch Praktika erhöht und somit Theorie und Praxis noch stärker verknüpft. Solche und andere Maßnahmen werden im Rahmen der von der Landesregierung ausgerufenen Fachkräfteoffensive nach und nach ausgebaut – auch um junge Menschen davon zu überzeugen, dass sie an den Berufskollegs ein modernes Ausbildungsumfeld vorfinden. Dass ab dem kommenden Schuljahr 2024/25 Unterricht in Form einer Mischung aus Präsenz- und digitalem Distanzunterricht auch ganz regulär erteilt werden kann, steigert ebenfalls die Attraktivität der beruflichen Bildung in Nordrhein-Westfalen.
Wir müssen uns aber darüber hinaus mehr um Schülerinnen und Schüler in der dualen Berufsausbildung kümmern, die aus verschiedenen Gründen Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Anforderungen in den Fachklassen haben. Überarbeitete Unterrichtsmaterialien zur Sprachbildung und digitale Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte sind deutliche Schritte in diese Richtung, ebenso wie die enge Zusammenarbeit mit unseren betrieblichen Partnern in festen Lernortkooperationen.
Die berufliche und die akademische Bildung haben den gleichen Wert.
Bei all dem gilt: Wir sind immer offen für Ideen! Innovative Schulversuche wie die Fachoberschule für Informatik und die Berufsfachschule für Ingenieurtechnik, in der junge Menschen mit hohen Praxisanteilen gezielt für Studium und Berufe im MINT-Bereich vorbereitet werden, haben wir in Nordrhein-Westfalen erfolgreich erprobt und machen sie bald zu Regelangeboten. Im Sozial- und Erziehungswesen werden ab dem Schuljahr 2024/25 Sozialassistentinnen und Sozialassistenten mit dem Schwerpunkt Erziehung, Bildung und Betreuung für Grundschulkinder ausgebildet, um ab 2026, wenn der Rechtsanspruch auf einen Ganztagesplatz in Grundschulen greift, Erzieherinnen und Erzieher entlasten zu können.
Das Jubiläum unserer Berufskollegs ist also ein guter Anlass, die Relevanz der beruflichen Bildung in Nordrhein-Westfalen zum Ausdruck zu bringen. Die Schulen müssen endlich die gesellschaftliche Anerkennung erhalten, die ihnen zusteht. Für die Landesregierung ist klar: Die berufliche und die akademische Bildung haben den gleichen Wert. Dies sei hier noch einmal ausdrücklich betont – auch um noch mehr junge Menschen für die Berufskollegs zu begeistern und sie später als Fach- und Führungskräfte in die Betriebe und Einrichtungen zu bringen. Spaß am Lernen und der Ausbildung ist dabei garantiert, so viel ist sicher. So wie in der Werkstatt des Franz-Jürgens-Berufskollegs in Düsseldorf.
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