Logo Bildungsland NRW - Bildungsportal

Authentic-STEM: Transatlantisches Projekt zur beruflichen MINT-Orientierung

Zwei Schüler sitzen in einem Flugsimulator.

Authentic-STEM: Transatlantisches Projekt zur beruflichen MINT-Orientierung

Deutsche und US-amerikanische Jugendliche, die gemeinsam und schulformübergreifend an MINT-Problemstellungen arbeiten – das bietet das Projekt Authentic-STEM.

[Schule NRW 05-23]

„Authentic-STEM“ ist ein innovatives Projekt zur beruflichen MINT-Orientierung in Kooperation der Universität Siegen mit SCHULEWIRTSCHAFT NRW, das die praxisorientierte, transatlantische und digitale Zusammenarbeit zwischen Schulen und Betrieben in Deutschland und den USA fördert.

Das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT NRW setzt seit 2006 – neben der Stärkung der beruflichen Orientierung und der ökonomischen Bildung – einen weiteren Schwerpunkt im Bereich MINT. Im Fokus stehen dabei stets der praktische Anwendungsbezug und die Zielsetzung, dass einerseits Jugendliche ihre individuellen MINT-Talente und andererseits Unternehmen sowie Schulen ihre passenden MINT-Fachkräfte bzw. ihren -Lehrkräftenachwuchs entdecken können. Die Mathematikdidaktik der Universität Siegen trägt durch ihre Forschungsprojekte im Bereich Mathematik in beruflicher Bildung, aber auch durch die Ausbildung zukünftiger Mathematiklehrerinnen und -lehrer zu dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe bei.

 

Projektrahmen

Die Grundidee des Projekts „Authentic-STEM“ ist es, deutsche und amerikanische Jugendliche in internationalen Projektteams, den sogenannten Solver-Teams, zu begleiten. In diesen schulformübergreifenden Teams arbeiten die 13- bis 18-jährigen Jugendlichen gemeinsam an substanziellen und authentischen mathematikhaltigen MINT-Problemstellungen, wie zum Beispiel Modellierung, Optimierung, Big Data, Produktdesign, die von Unternehmen und begleitet durch das Team der Universität Siegen in das Projekt eingebracht werden.

Die Solver-Teams haben vier Monate Zeit, um die Probleme anzugehen und kreative Lösungen zu finden. Ganz konkret wurde beispielsweise ein Logistikproblem gelöst, das die Aufgabe beinhaltete, Duschablagen nachhaltig(er) über den Atlantik zu transportieren. Ein weiteres Problem bezog sich auf die effektive Automatisierung eines Herstellungsprozesses, in dem zwei Bauteile miteinander verbunden und verpackt werden sollten, die zuvor händisch verschraubt wurden (196.000-mal im Jahr!). Der Problemlöseprozess adressiert dabei alle Stationen des Modellierungskreislaufes auf authentische Art und Weise – denn es handelt sich um echte Probleme aus realen Arbeitszusammenhängen. Diese Authentizität ist ein wesentlicher Schlüssel für den Erfolg der Jugendlichen, wie das Projektteam in seinen wissenschaftlichen Begleitstudien herausfinden konnte.

 

Wie läuft nun das Projekt konkret ab?

Zunächst identifiziert das Team der Mathematikdidaktik der Universität Siegen gemeinsam mit den teilnehmenden Unternehmen geeignete Herausforderungen für die Schülerinnen und Schüler in einer Vorbereitungsphase. Diese sollen authentisch, fachlich anregend und langfristig motivierend sein.

Zu Beginn der Problemlösephase erhalten die Solver-Teams dann die Problemstellungen in Form eines Kick-off Events im „Messecharakter“: Dabei kommen die Jugendlichen, die Beteiligten der Hochschule und die Unternehmensvertretungen über inhaltliche Zusammenhänge ins Gespräch. Während der Problembearbeitungsphase werden die Solver-Teams bei ihrer Lösung und Kommunikation durch Mentorinnen und Mentoren, beispielsweise erfahrene Lehramtsstudierende, Lehrkräfte oder wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützt. Zum Abschluss des Projekts stellen die Jugendlichen ihre über einen Zeitraum von vier Monaten erarbeiteten Lösungen den Unternehmen und der interessierten Öffentlichkeit im Rahmen einer hybriden Veranstaltung, dem sogenannten „Forum of Innovation“, vor.

Der systematische Austausch unter den Akteuren wird in hybrider Form durch wöchentlich stattfindende zweistündige Meetings ermöglicht, das heißt, die Jugendlichen der Solver-Teams treffen sich virtuell mit ihrer Mentorin oder ihrem Mentor und schalten ihre Counterparts aus den USA zu. Ein solcher internationaler Austausch per Videokonferenz ist in den meisten international tätigen Unternehmen alltäglich und kann somit einen Beitrag für eine authentische berufliche Orientierung leisten. Er kombiniert Kompetenzen im Bereich der Kommunikation, Zusammenarbeit, Projektarbeit und Digital Literacy bezüglich etablierter digitaler Kollaborationslösungen.

Die Betreuung der internationalen Solver-Teams erfordert neben englischer Sprachkompetenz vor allem ein Bewusstsein für den kulturellen Austausch in Bezug auf internationale Zusammenarbeit. Zusätzlich zu den disziplinären Unterschieden der verschiedenen MINT-Bereiche ist es wichtig, dass die Mentorinnen und Mentoren in der Lage sind, ein längerfristiges authentisches Problemlösen und die damit verbundene Projektarbeit zu begleiten. Diesen Herausforderungen begegnet die Universität Siegen mit einem Mentor*innen-Programm, das zum einen die genannten Kompetenzen seminaristisch fördert und zum anderen die Mentorinnen und Mentoren durch Supervisionssitzungen stärkt.

 

Erfahrungswerte

Die Projektidee, dass Solver-Teams echte Problemstellungen aus Unternehmen längerfristig bearbeiten, wurde bereits erfolgreich im Rahmen des zdi-EFRE.nrw Projekts MINT-Pro²Digi erprobt. In diesem haben während der Coronapandemie in drei Zyklen über 18 Monate 75 Jugendliche in Solver-Teams an 27 Problemstellungen gearbeitet. Erforscht wurden Fragen zum Einfluss digitaler Medien auf den Problemlöse- und Projektarbeitsprozess sowie die Mathematikhaltigkeit der authentischen Problemstellungen. Erfahrungen aus diesem Projekt haben gezeigt, dass eine weitere Gelingensbedingung für die erfolgreiche Bearbeitung in einer adäquaten Betreuung durch aus- und fortgebildete Mentorinnen und Mentoren als Begleiterpersonen der Solver-Teams liegt.

Die Umsetzung des internationalen Projekts wurde in einem ersten Pilotprojekt im Frühjahr 2022 in Kooperation mit Partnern aus dem Bildungsbereich und der Wirtschaft aus Lansing (MI, USA) und Plattsburgh/Mineville (NY, USA) sowie dem Kreis Olpe erprobt. Insgesamt waren daran 33 Schülerinnen und Schüler und zwei international tätige Unternehmen beteiligt. Die Jugendlichen aus dem Pilotzyklus hatten die Möglichkeit, im Anschluss an das Projekt in den Sommerferien 2022 das Unternehmen und ihre Counterparts vor Ort in den USA zu besuchen sowie an einer Summerschool der SUNY Plattsburgh teilzunehmen. Dies liefert – wenn die Finanzierungssituation es erlaubt –  einen weiteren Beitrag zur Festigung des kulturellen Miteinanders über den Atlantik.

Im aktuellen Zyklus (Februar bis Anfang Juni 2023) arbeiten 80 Schülerinnen und Schüler in 12 Solver-Teams, begleitet durch 8 Mentorinnen und Mentoren aus den USA und Deutschland an Problemstellungen von vier Unternehmen. Im aktuellen Zyklus nehmen Schülerinnen und Schüler von zwölf Schulen teil, der internationalen Schulen GIS Washington und JFK Berlin, aus dem Bundesstaat New York die Malone Middle School, CV-TEC Plattsburgh, die Dutchess Boces und FEH Boces und aus den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Bayern das Gymnasium Höchstadt a. d. Aisch, das Städtische Gymnasium und die St.-Franziskus-Schule aus Olpe, das Gymnasium Maria Königin Lennestadt, das St.-Ursula-Gymnasium Attendorn und das Maria-Wächtler-Gymnasium aus Essen. Zurzeit erarbeiten die beteiligten Jugendlichen in ihren Solver-Teams Lösungen, die sie in einigen Wochen in ihren Abschlusspräsentationen vorstellen werden.

Mit Blick auf die vergangenen Projektzyklen kann wieder davon ausgegangen werden, dass einiges davon auch den Weg in die Praxis finden wird.

In sämtlichen Projektzyklen von Authentic-STEM (sowie den auf Südwestfalen beschränkten Vorgängerprojekten) wurde ohne besondere zusätzliche Auswahlkriterien eine Quote von 50 Prozent Teilnehmerinnen erreicht – das langfristige Projektformat scheint also insbesondere die oft in MINT-Projekten häufig unterrepräsentierten Mädchen anzusprechen.

Insgesamt zeichnen sich die Solver-Teams durch eine sehr heterogene Zusammensetzung aus, so sind diese schulform- und jahrgangsübergreifend zusammengesetzt. Die zuvor gezeigten Leistungen im MINT-Bereich sind dazu unerheblich, die Auswahl basiert ausschließlich auf der Motivation der Jugendlichen, am Projekt teilzunehmen – diese wird im Bewerbungsprozess auf das Projekt durch Motivationsschreiben zum Ausdruck gebracht.

 

Ausblick

Der nächste Meilenstein des aktuellen Projektzyklus ist das im Hybridformat veranstaltete „Forum of Innovation“ Anfang Juni 2023, an dem die Schülerinnen und Schüler der Öffentlichkeit ihre Lösungen vorstellen werden. Interessierte können Sie sich bei Frau Birgitta Marx (birgitta.marx[at]uni-siegen.de (birgitta[dot]marx[at]uni-siegen[dot]de)) dafür anmelden und die Zugangsdaten erhalten.

Ein nächster Projektzyklus ist zudem in der Planung. Am Programm kann voraussichtlich wieder im Zyklus Februar-Mai 2024 teilgenommen werden. Bei Interesse, am Programm mit Ihrer Schule oder Ihrem Unternehmen teilzunehmen und eine Lehrkraft als Mentorin/Mentor weiterzubilden, melden Sie sich bis zum 15. August 2023 bei Dr. Gero Stoffels (gero.stoffels[at]uni-siegen.de (gero[dot]stoffels[at]uni-siegen[dot]de)).

 

 

Autorinnen und Autoren: Dr. Heike Hunecke, Birgitta Marx, Dr. Gero Stoffels, Prof. Dr. Ingo Witzke

Zu den Akteuren

Die Didaktik der Mathematik ist in der Lehre für die fachdidaktische Ausbildung aller angehenden Mathematiklehrerinnen und -lehrer sowie für die fachwissenschaftliche Ausbildung der Grund-, Haupt- und Realschullehrkräfte an der Universität Siegen zuständig. Hinzu kommt die fachdidaktische Ausbildung für angehende Gymnasiallehrerinnen und -lehrer. Die Forschungsschwerpunkte liegen in Fragen der Digitalen Bildung im Mathematikunterricht und der anwendungsorientierten MINT‑(Berufs‑) Bildung mit Mathematik sowie in verschiedenen Bereichen der mathematikdidaktischen Grundlagenforschung.

Weitere Informationen unter: https://www.uni-siegen.de/fb6/didaktik

 

SCHULEWIRTSCHAFT NRW versteht sich als ein Netzwerk für die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Schulen und Betrieben.

Das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT ist regional verankert und bundesweit vernetzt. Auf Landesebene und in den Regionen NRWs sind das Bildungswerk der Nordrhein-westfälischen Wirtschaft, BWNRW, sowie die regionalen Unternehmensverbände Träger von SCHULEWIRTSCHAFT.
Themenschwerpunkte der SCHULEWIRTSCHAFT-Aktivitäten sind die "MINT-Bildung", die "Berufliche Orientierung" und die "Ökonomische Bildung". Das Portfolio von SCHULEWIRTSCHAFT NRW umfasst neben Projekten, Planspielen und Wettbewerben auch Fortbildungen, Fachtagungen sowie Informationsmaterialien für Schulen und Betriebe. Zum traditionellen Angebot von SCHULEWIRTSCHAFT NRW gehören überdies Betriebserkundungen für Lehrkräfte.

Weitere Informationen unter: www.schulewirtschaft-nrw.de