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Ein Beispiel aus der Praxis: Begleitung von neu zugewanderten Lernenden am Berufskolleg

Ein Gruppe älterer Schüler blickt gemeinsam mit einem Lehrer auf ein Tablet

Neu zugewanderte Lernende am BK begleiten

Wie können neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler an Berufskollegs gut begleitet werden? Damit beschäftigen sich die Netzwerke 3.1 und 3.2 der BiSS-Akademie NRW.

[Schule NRW 07/08-22]

Inhaltliche Schwerpunkte der Schultransfernetzwerke

Die Begleitung von neu zugewanderten Lernenden am Berufskolleg ist ein wichtiges Thema. Das zeigt nicht nur die große Zahl geflüchteter junger Menschen, die seit 2015 an Berufskollegs eingeschult wurden. Ganz aktuell ist dieses Thema auch durch die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern aus der Ukraine, die wir ins deutsche Schulsystem eingliedern wollen. Im Rahmen der BiSS-Akademie NRW arbeiten die Netzwerke 3.1 und 3.2 an der Begleitung neu zugewanderter Lernender am Berufskolleg.

Während das Netzwerk 3.1 den Schwerpunkt auf die Erst- und Anschlussförderung legt, also auf Internationale Förderklassen, den Übergang und den Unterricht in den weiterführenden Bildungsgängen, arbeitet das Netzwerk 3.2 insbesondere zu Unterstützungsmöglichkeiten im sprachsensiblen Fachunterricht. Derzeit steht die Entwicklung von Möglichkeiten zur Sensibilisierung des eigenen Kollegiums für die Bedeutung von Sprache im Fachunterricht im Mittelpunkt der Arbeit. Anschließend sollen die  sprachlichen Herausforderungen im Unterrichtsalltag identifiziert sowie die Entwicklung von Ansätzen zur Konsensfindung im eigenen Kollegium in Bezug auf sprachsensible Unterrichtsprinzipien angegangen werden.

Die Arbeit in den Schultransfernetzwerken wird durch die dargestellten Angebote der BiSS-Akademie NRW unterstützt, sie hält auch passgenaue Blended Learning-Kurse bereit.

Außerdem gibt es bedarfsorientiert ein regelmäßiges Angebot an fachlichem Input. Für individuelle Fragen werden Sprechstunden zur Unterstützung der einzelnen Schulen von der Transferkoordinatorin angeboten. Viele weitere Angebote finden digital statt, um die Teilnahme zu erleichtern. Die in der Verbundarbeit der ersten BiSS-Programmphase entwickelten Broschüren runden das Angebot ab.

 

Zusammensetzung der Schultransfernetzwerke

Impulsschulen der Netzwerke 3.1 und 3.2 sind zwei Schulen, die bereits in der ersten BiSS-Programmphase mitgearbeitet haben: das Max-Weber-Berufskolleg Düsseldorf und das Käthe-Kollwitz-Berufskolleg Oberhausen. Die beiden Netzwerke kooperieren eng miteinander und führen ihre Treffen (in Präsenz und digital) gemeinsam durch. Eine Besonderheit stellt die Beteiligung zweier Gymnasien dar, die die Inhalte der Netzwerkarbeit auf ihre Schulform transferieren. So können Übergänge zwischen den Schulformen mitgedacht und gestaltet werden.

 

Ergebnisse aus der Mitarbeit in dem Schultransfernetzwerk

Das Beispiel einer Transferschule zeigt, welchen Nutzen die Mitarbeit in einem Schultransfernetzwerk der BiSS-Akademie NRW hat:

Das Käthe-Kollwitz-Berufskolleg Hagen ist seit 2021 Transferschule im Netzwerk 3.2. Die Schule entwickelt und erprobt schon seit Jahren Konzepte der sprachlichen Bildung. Bereits 2014 wurde die erste Internationale Förderklasse (IFK) implementiert und der besondere sprachliche Unterstützungsbedarf der Lernenden in den Blick genommen. In der Folge wurde sukzessive ein Förderkonzept für die Bildungsgänge mit höheren Bildungsabschlüssen entwickelt (Anlage B), um den Lernenden der IFK den Anschluss zu ermöglichen. Seit 2018 beschäftigt sich die Schule mit Prinzipien und Methoden des sprachsensiblen Fachunterrichts, vor allem im Hinblick auf die Bildungsgänge, die zur Fachhochschulreife oder zur allgemeinen Hochschulreife führen (Anlagen C, D und E der APO-BK). Der bildungssprachliche Anspruch und die Vielfalt der Unterrichtsfächer stellen für die meisten Lernenden eine besondere Herausforderung dar. Das Käthe-Kollwitz-Berufskolleg Hagen will mit einem umfassenden Sprachbildungskonzept die sprachsensible Unterrichtsgestaltung zum durchgängigen Unterrichtsprinzip werden lassen und damit alle Lernenden bedarfsorientiert und ganzheitlich fördern.

Im Anschluss an einen pädagogischen Tag in Kooperation mit ProDaZ (Universität Duisburg-Essen) für das gesamte Kollegium  folgten weitere Angebote für interessierte Kolleginnen und Kollegen. Dabei formierte sich eine bildungsgangübergreifende AG Sprachbildung, deren Mitglieder gleichzeitig Transferlehrkräfte im Schultransfernetzwerk 3.2 sind. Sie profitieren von den Angeboten der BiSS-Akademie NRW und haben sich in einem ersten Blended Learning-Kurs zu BiSS-Sprachbildnerinnen und BiSS-Sprachbildnern qualifiziert. Der kollegiale Austausch mit allen Transferlehrkräften des Netzwerks wird als besondere Bereicherung für die eigene Arbeit gesehen.

Ein weiterer Schwerpunkt eines Schultransfernetzwerktreffens waren Möglichkeiten zur Sensibilisierung der Kolleginnen und Kollegen an den Transferschulen für die Bedeutung einer umfassenden Sprachbildung in allen Unterrichtsfächern. Die Impulsschulen präsentierten erprobte Konzepte und gaben einen praxisnahen Einblick in diese wichtige Phase der Schulentwicklung. Der anschließende Austausch führte zu weiteren Ideen und Ansätzen, die sich ebenfalls schulspezifisch weiterentwickeln lassen.

Auf dieser Grundlage erarbeitet die AG Sprachbildung am Käthe-Kollwitz-Berufskolleg Hagen nun eigene passgenaue Impulse für alle Bildungsgänge der Schule. Gleichzeitig benennt sie sprachliche Herausforderungen des Unterrichtsalltags, um dann mit dem Kollegium gemeinsame sprachsensible Unterrichtsprinzipien zu entwickeln.

Konkrete Ergebnisse der Netzwerkarbeit sind wichtig - Wie zum Beispiel:

  • In fast allen Bildungsgängen absolvieren die Lernenden Praktika und reflektieren ihre Erfahrungen durch schriftliche Praxisberichte, was einen souveränen Umgang mit berufs-beziehungsweise fachspezifischer Bildungssprache erfordert. Die AG Sprachbildung möchte für alle Bildungsgänge Konzepte zur Unterstützung der Schriftsprache entwickeln, damit alle Lernenden bestmöglich von ihren Praxiserfahrungen profitieren können.
  • Lernende werden unterstützt beim Übergang von Bildungsgängen der Anlage A (Berufsvorbereitung) zu Bildungsgängen der Anlage B (Berufsfachschule). Hier zeigt sich, dass Lernende trotz erreichter Eingangsqualifikation oft fächerübergreifend mit großen Herausforderungen im schriftsprachlichen Bereich konfrontiert sind. Die schon vorliegenden schulinternen Förderkonzepte sollen erweitert und vor allem in Hinblick auf die Methodik des sprachsensiblen Fachunterrichts ausdifferenziert werden.

Bei alldem sind der persönliche Kontakt und die gegenseitige Unterstützung der Transferlehrkräfte bedeutende Motivationsquellen, die die Arbeit im Schultransfernetzwerk im Hinblick auf eine effektive und nachhaltige Unterstützung der Lernenden lebendig und erfolgreich machen.

 

 

Autorinnen: Dr. Katrin Günther, Landesstelle Schulische Integration; Dr. Claudia Thieme, Käthe-Kollwitz-Berufskolleg Hagen

Zum Weiterlesen

Frenzel, Beate; Günther, Katrin; Knauff, Michaele; Lüttgens, Philipp; Runskat, Tanja; Schipper, Sandra (2017): Was bringen Schülerinnen und Schüler am Übergang von der Erst- in die Anschlussförderung mit? Eine Handreichung von Lehrerinnen und Lehrern für Lehrerinnen und Lehrer. Online verfügbar unter: https://www.uni-due.de/imperia/md/content/prodaz/biss_brosch%C3%BCre_08_17.pdf

 

Günther, Katrin; Knauff, Michaele; Niederhaus, Constanze; Runskat, Tanja (2020): Was leisten neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler im Fachunterricht? Online verfügbar unter: https://www.uni-due.de/imperia/md/content/prodaz/biss_bk_broschuere_2020.pdf