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Erasmus+ und Demokratiebildung: Chancen für Schulen und Lehrkräfte in ganz Europa

Schülerinnen und Schüler mit Fluchterfahrung aus Bad Driburg arbeiten im Rahmen eines ERASMUS+-Projektes mit Gleichaltrigen aus Gran Canaria zusammen.

Erasmus+ und Demokratiebildung: Chancen für Schulen und Lehrkräfte in ganz Europa

Europa erleben, Demokratie verstehen, Verantwortung übernehmen – das Erasmus+ Programm bietet Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften eine hervorragende Gelegenheit, an internationalen Projekten teilzunehmen, sich mit demokratischen Prinzipien auseinanderzusetzen und vielfältige interkulturelle Erfahrungen zu sammeln.

[Schule NRW 07-25]

Wir leben in einer zunehmend vernetzten und globalisierten Welt, die gegen wachsenden Extremismus, Populismus und Fake News zu kämpfen hat. Umso wichtiger ist es, jungen Menschen nicht nur das Wissen über demokratische Prozesse zu vermitteln, sondern sie auch dazu zu befähigen, aktiv an politischen und gesellschaftlichen Prozessen teilzunehmen. Erasmus+ verfolgt unter anderem dieses Ziel: die Förderung von Demokratiebildung und politischer Teilhabe. Hier bietet sich nicht nur die Möglichkeit, in einer internationalen Umgebung zu lernen, sondern auch, demokratische Prinzipien in der Praxis zu erleben: durch gemeinsame Projekte und das aktive Mitwirken in internationalen Netzwerken. Diese Erfahrungen helfen den Jugendlichen neben dem „Blick über den Tellerrand“, Verantwortung zu übernehmen, ihre Meinung zu vertreten und sich als Teil einer europäischen Gemeinschaft zu begreifen.

 

Das KOMPASS Konsortium: Ein Erfolgsmodell für ausgewählte Schulen mit schwierigen Standortbedingungen

Konsortien bei Erasmus+ sind Zusammenschlüsse von Schulen und Bildungseinrichtungen, die gemeinsam Projekte umsetzen. Von einem Konsortialführer erhalten sie Unterstützung, um die Teilnahme am Erasmus+ Programm zu erleichtern. Ein erfolgreiches Beispiel für ein Erasmus+ Konsortium ist KOMPASS, das von Dezernat 43.03 - Internationaler Austausch der Bezirksregierung Düsseldorf koordiniert wird. KOMPASS bietet gezielt mobilitätsfernen Schulen Unterstützung, die sie benötigen, um am Erasmus+ Programm teilzunehmen. Diese Schulen haben oft mit finanziellen, organisatorischen und geografischen Hürden zu kämpfen, die den Zugang zu internationalen Projekten erschweren. KOMPASS übernimmt für sie einen Großteil der administrativen Aufgaben, wie die Antragstellung, die finanzielle Abwicklung und die Unterstützung bei der Suche von Partnerorganisationen in anderen Ländern.

Gerade für Schulen an sozial schwachen Standorten, mit hohem Anteil an Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund oder besonderen Bedürfnissen, ist diese Unterstützung von unschätzbarem Wert. Durch das Konsortium bekommen sie die Chance, ihre Schülerinnen und Schüler durch interkulturelle Austauschprogramme zu stärken und aktiv an der Demokratiebildung teilzunehmen. Außerdem haben Lehrkräfte die Möglichkeit, sich in Kursen und Hospitationen weiterzubilden.

 

Erste internationale Erfahrungen: Erasmus+ an der Grundschule Bömberg

Ein besonders inspirierendes Beispiel für die Umsetzung einer Mobilität ist die Grundschule Bömberg in Iserlohn, eine Konsortialschule von KOMPASS. Hier gelang es der Lehrerin Derya Bingöl, eine Mobilität für Grundschulkinder ins europäische Ausland zu organisieren und durchzuführen. An dem Austausch nach Wien nahmen acht Schülerinnen und Schüler zwischen 8 bis 10 Jahren teil, die Mitglieder der Europa -AG der Schule wurden. Die Kinder stammen größtenteils aus ökonomisch benachteiligten Familien. Gemeinsam arbeiteten die Kinder in internationalen Teams an Themen, die Kultur und Gesellschaft sowohl in Iserlohn als auch in Wien betrafen. So konnten sie ihre sprachliche Kompetenz, Medienkompetenz und vor allem ihr Selbstbewusstsein stärken und die Ergebnisse im Anschluss im Klassenrat und Kinderparlament präsentieren. Für die jungen Schülerinnen und Schüler bedeutete der Auslandsaufenthalt aber vor allem eine ganz besondere neue Erfahrung, ein Abenteuer mit viel Spannung, Neuem und Spaß.

 

Europäische Identität im Austausch an der Gesamtschule Bad Driburg

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für eine weitere Erasmus+ Mobilität im Konsortium KOMPASS liefert Wolfgang Mikus von der Gesamtschule Bad Driburg. Im Rahmen einer Gruppenmobilität nahmen 12 Schülerinnen und Schüler mit Fluchterfahrung aus der Ukraine, Moldawien, Russland und Albanien an einem Austausch teil. Diese Schülerinnen und Schüler, die im Sprachförderbereich an der Gesamtschule unterrichtet werden, arbeiteten zusammen mit den Schülerinnen und Schülern der CIFP Felo Monzon Grau Bassas auf Gran Canaria an einem künstlerischen Projekt zum Thema „Identität und Zukunftsvisionen“. 

Das Besondere an dieser Fahrt war, dass Schülerinnen und Schüler aus sehr vielen verschiedenen Herkunftsländern zusammentrafen. Die gemeinsamen Fluchterfahrungen bildeten eine gemeinsame Basis und dienten als Ausgangspunkt, um unterschiedliche Lebensperspektiven zu verstehen und zu schätzen. Dieser Austausch förderte nicht nur das Verständnis für andere Kulturen, sondern auch die Toleranz und den Respekt gegenüber Menschen aus unterschiedlichen sozialen und kulturellen Kontexten. 

Wolfgang Mikus beschreibt die Mobilität als eine wertvolle Gelegenheit: „Europa ist spannend, interessant und unglaublich vielfältig, es braucht gar nicht viel für ein gemeinsames Miteinander.“ Dieser Austausch verdeutlicht, wie einfache, aber bedeutungsvolle Begegnungen den europäischen Zusammenhalt stärken können und wie Schülerinnen und Schüler ohne große Hürden miteinander arbeiten und lernen können.

 

Europa als multikulturelle Einheit: UNESCO-Schule Essen

Die Prinzipien der Demokratiebildung und interkulturellen Verständigung in den Vordergrund stellte auch die Fahrt von 15 Schülerinnen und Schülern der UNESCO-Schule Essen nach Frankreich. Unter der Leitung von Lehrerin Julia Hödel reisten die Schülerinnen und Schüler nach Bagneux, einem Pariser Vorort, um Europa als multikulturelle Einheit zu erleben. Die Schülerinnen und Schüler kamen aus verschiedenen kulturellen Kontexten und hatten die Gelegenheit, sich intensiv mit den Themen „Kulturelle Vielfalt“ und „Europäische Solidarität“ auseinanderzusetzen.

Die positiven Auswirkungen dieser Mobilität für die Jugendlichen waren deutlich: „Durch reale Begegnungen und gemeinsame Erlebnisse werden Toleranz, Selbstbewusstsein und Eigenverantwortung nachhaltig gestärkt“, so Julia Hödel. Die Schülerinnen und Schüler hatten die Gelegenheit, nicht nur ihre interkulturellen Kompetenzen zu erweitern, sondern auch ihr Demokratieverständnis zu vertiefen, indem sie sich mit den französischen Jugendlichen in einen Austausch über die Europäische Union, Demokratieprozesse und Wahlen begaben. „Demokratische Werte wie Teilhabe, Respekt und Dialogfähigkeit werden während der Mobilität unmittelbar erlebbar“, betont Julia Hödel. Solche Erfahrungen verdeutlichen den Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums, dass Demokratie nicht nur eine abstrakte Idee, sondern eine praktische Erfahrung ist, die durch aktive Teilhabe und Verständnis für andere Perspektiven gestärkt wird. 

Die Mobilität sei für viele Schülerinnen und Schüler eine einmalige Gelegenheit: „Nicht selten hatte ich erlebt, dass die Schüler sagten, ‚Ohne Erasmus+ wären wir nie hier gewesen‘”, so Hödel. Diese Rückmeldungen unterstreichen die immense Bedeutung von Erasmus+ für Schulen. Das Programm bietet ihnen die Gelegenheit, die persönliche und soziale Entwicklung der Jugendlichen durch Austauschbegegnungen nachhaltig zu fördern.

 

Vorteile für Schülerinnen und Schüler: Persönlichkeitsentwicklung und Erwerb von Demokratiekompetenz

Für viele Schülerinnen und Schüler, insbesondere aus sozial benachteiligten Verhältnissen, ist Erasmus+ eine der wenigen Chancen, über die Grenzen hinaus zu reisen und internationale Erfahrungen zu machen. 

„Durch den direkten Kontakt mit Gleichaltrigen aus anderen Ländern entwickeln sie Empathie und Verständnis für Lebensrealitäten. Die Jugendlichen lernen, sich in neuen Umgebungen zurechtzufinden. Dies stärkt ihr Selbstbewusstsein. Sie lernen zudem, ihre eigene Perspektive und Sicht auf die Welt in einem größeren europäischen Kontext einzuordnen und zu verstehen”, führt Wolfgang Mikus aus. Dieser Prozess der Selbstfindung und der Auseinandersetzung mit der eigenen Identität ist von unschätzbarem Wert und fördert die persönliche Entwicklung und soziale Kompetenz der Jugendlichen. Sie lernen, Verantwortung zu übernehmen, ihre Meinung zu vertreten und sich aktiv in Diskussionen einzubringen. Dies sind Fähigkeiten, die nicht nur für die Schule, sondern auch für das spätere Leben und für ein demokratisches Miteinander von großer Bedeutung sind.

Auch „Green Erasmus und Nachhaltigkeit“, „Inklusion und Vielfalt“ und „Medienkompetenz und digitale Bildung“ sind Themen, die die Erasmus+ Mobilitäten beinhalten und die die zukünftige Generation auf dem Weg zu einer verantwortungsvollen Weltgemeinschaft begleiten.

 

Vorteile für Lehrkräfte: Weiterbildung und internationale Zusammenarbeit

Erasmus+ bietet nicht nur Schülerinnen und Schülern, sondern auch Lehrkräften zahlreiche Vorteile. Sie haben die Möglichkeit, sich durch Fortbildungsprogramme, Hospitationen und internationale Netzwerke im Ausland weiterzubilden. 

Lehrkräfte, deren Schulen dem Konsortium KOMPASS angehören, konnten so beispielsweise ihre pädagogischen Ansätze in Finnland und Island weiterentwickeln und neue Unterrichtsmethoden in Spanien oder Lettland kennenlernen, die sie dann in ihren eigenen Klassen einsetzen können. Besonders der Austausch mit internationalen Kolleginnen und Kollegen ermöglicht es, internationale Kooperationsprojekte zu starten und sich über best practices auszutauschen. Diese Erfahrungen stärken nicht nur die fachliche Kompetenz der Lehrkräfte, sondern auch die interkulturellen und digitalen Fähigkeiten, die für den Unterricht in einer zunehmend globalisierten Welt unerlässlich sind.

 

Erasmus+ Konsortien: Unterstützung für alle Schulen

Neben KOMPASS gibt es viele weitere Erasmus+ Konsortien in Europa, die ähnlich arbeiten und Schulen unterstützen, die ohne externe Hilfe keinen Zugang zu internationalen Mobilitäten haben. Für viele Schulen sind sie die Brücke, um von den Vorteilen von Erasmus+ zu profitieren.

Erasmus+ ist ein wertvolles Bildungsprogramm, das nicht nur Demokratie, sondern auch Inklusion, Vielfalt, digitale Transformation und nachhaltige Entwicklung fördert. Konsortien wie KOMPASS machen es für alle Schulen möglich, aktiv an diesem wertvollen Programm teilzunehmen und ihre Schülerinnen und Schüler für die Zukunft vorzubereiten.

 

Autorin: Lena Eggers-Löffler, Bezirksregierung Düsseldorf

Weitere Informationen zu Erasmus+ und KOMPASS

Detaillierte Informationen zu den Erasmus+ Programmen, Antragstellungen, Fristen und Fördermöglichkeiten bietet die offizielle Website: https://erasmusplus.schule/

Dort finden Sie alle relevanten Details zu:

  • Fördermöglichkeiten für Schulen
  • Antragsfristen und -verfahren
  • Unterstützungsangeboten für die Antragstellung
  • Beispielprojekten und Erfahrungsberichten

 

Das Dezernat 43.03 – Internationaler Austausch leitet das Konsortium KOMPASS. Informationen dazu sind abrufbar unter: https://www.brd.nrw.de/Themen/Schule-Bildung/Internationaler-Austausch/Erasmus-2021-2027

Das Konsortium KOMPASS unterstützt Schulen in Nordrhein-Westfalen, die Schwierigkeiten haben, am Erasmus+ Programm aus eigener Kraft teilzunehmen. Allgemeinbildende Schulen können ab Frühjahr 2026 wieder ihr Interesse zur Teilnahme am Konsortium bekunden.