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Junge sitzt mit seinem Smartphone in der Hand auf einer Treppe

Schule – Kein Ort für Mobbing?!

Mobbing an Schulen ist leider kein Einzelfall. Lehrerinnen und Lehrer bekommen das Geschehen selbst mit oder werden darauf angesprochen. Hilfe und Beratung bieten die Zentren für Schulpsychologie und die Landespräventionsstelle gegen Gewalt und Cybergewalt an Schulen in NRW an.

[Schule NRW 05-21]

„Hässlich“, liest Sevda unter ihrem Post. Ihr Herz bleibt kurz stehen. Heiß und kalt läuft es ihr den Rücken herunter. Dann leuchtet der digitale Mülleimer auf – Löschen. Erleichtert sackt Sevda in sich zusammen.

Doch morgen wird es wieder von vorne losgehen. Zum Unterricht wird sie erst auf die letzte Minute erscheinen und so tun, als wäre ihr das alles egal. In der großen Pause wird sie nicht wissen, wohin mit sich. Am längsten ziehen sich die Minuten, bis endlich der Lehrer das Klassenzimmer betritt und der Unterricht beginnt. Mit einer Mischung aus Angst und Hoffnung blickt sie einem Gespräch mit ihrer Lehrerin Frau Tengel entgegen.

Schulpsychologie bietet Handlungssicherheit im Umgang mit Mobbing

Darstellungen wie die von Sevda erreichen uns in der Schulpsychologie regelmäßig. Entweder über Eltern, die nicht mehr weiterwissen oder besorgte Lehr-beziehungsweise pädagogische Fachkräfte der Schulen, die nach einer Lösung im Umgang mit Mobbing suchen. Die Schulpsychologie, ein multiprofessionelles Team aus Schulpsychologinnen und -psychologen, Diplom-Sozialarbeiterinnen und -Sozialarbeitern und Lehrkräften, bietet Unterstützung im Umgang mit Mobbingvorfällen im schulischen Alltag. Sie begleitet die Betroffenen und ihre Familien in der Bewältigung dieser Krise und unterstützt Schulen, um Mobbingvorfälle zu erkennen, zu beenden und diesen vorzubeugen.

Akutversorgung und Hilfe für Betroffene

In Einzelgesprächen bieten wir Raum, um sich anzuvertrauen. Wir beraten beim Umgang mit den Vorfällen und stabilisieren die Betroffenen. Mobbing wird auch als systemisches Problem betrachtet, das die ganze Klasse betrifft. Daher ist es vorrangiges Ziel, alle Beteiligten für das Wohlergehen der Schülerin oder des Schülers zu gewinnen. Entsprechend der Ressourcen im Familien- und Schulsystem werden konkrete Schritte geplant, um die betroffene Schülerin oder den betroffenen Schüler vor weiteren Angriffen zu schützen und in die Klassengemeinschaft zu integrieren.

„Behalten Sie Ihre Klasse im Blick“ - Mobbing erkennen

Mobbing findet oft im Verborgenen statt und ist schwer zu erkennen. Die regelmäßige Reflektion der Lehrkräfte über das Klassengeschehen und das Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen sind deshalb hilfreich. Eine Schlüsselrolle nimmt die vertrauensvolle Beziehung zwischen Lehrerkraft, Schülerin/Schüler und den Eltern ein. Wir raten als Schulpsychologie, aktiv auf betroffene Schülerinnen und Schüler zuzugehen und Möglichkeiten zu schaffen, sich anvertrauen zu können, beispielsweise über einen anonymen Kummerkasten. In unkonkreten Verdachtsfällen ist zuweilen der Austausch im Team und mit der Schulpsychologie erfolgreich. Wir unterstützen sie im Einzelfall und schauen gemeinsam auf das soziale Miteinander der Klasse. Mobbinghandlungen nehmen wir unter die Lupe, um deren Dynamiken zu erfassen und Verhaltensänderungen einzuschätzen, auch mit Selbstevaluationsinstrumenten und Soziogrammen.

Mobbing lebt vom Mitmachen - Mobbing beenden

Da Mobbing als systemisches Problem nur effektiv auch systemisch zu lösen ist, dürfen Interventionen nicht allein auf das Mobbingopfer fokussiert sein. Stattdessen sollten die Interventions- und Präventionsbemühungen auf die Stabilisierung im System Schule/Klasse abzielen. Effektive Interventionsprogramme wie die Dan Olweus-Strategie, die Systemische (Kurz-)Intervention oder der No blame-Approach bieten Handlungssicherheit im Umgang mit Mobbing.

Bewährte Ansatzpunkte sind:

  • Frühes Einschreiten bei Gewaltvorfällen, damit sich das Verhalten nicht stabilisiert; klare Null-Toleranz-Haltung gegenüber Gewalt beziehen
  • Vorfall besprechen, Perspektivwechsel ermöglichen und psychische Folgen für die Opfer erarbeiten
  • Zusammenstellen einer Unterstützungsgruppe, um das Mobbing zu beenden und die unterschiedlichen Akteurinnen und Akteure bei Mobbing aktiv einzubeziehen und Hilfe einzufordern
  • Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen
  • Tatausgleich und Wiedergutmachung

Mobbing endet nicht am Schultor; so müssen auch außerschulische Vorfälle, insbesondere in den digitalen Medien, zum Thema gemacht werden. In einzelnen Fällen kann auch das Einschalten der Strafverfolgungsbehörden unerlässlich oder ein Klassen- oder Schulwechsel ein Mittel der letzten Wahl sein.

Prävention von Mobbing ist Opferschutz!

Stärken Sie den Klassenzusammenhalt - Mobbing vorbeugen

Neben den bewährten Präventionsprogrammen sind die Bindungs- und Beziehungsarbeit in der Klasse sowie die gemeinsame Haltung der Schule wesentliche Voraussetzungen für eine gelingende Prävention von Mobbing. Fortbildungen wie Fairplayer.manual, Faustlos, Lubo aus dem All, „Mobbingfreie Schule – Gemeinsam Klasse sein“, „Mobbing nicht an unserer Schule“ und Peer-Education-Programme werden in verschiedenen Kooperationen zwischen der Schulpsychologie vor Ort, den Kompetenzteams NRW und weiteren Anbietern bereitgestellt. Eine Übersicht und Einschätzung über bewährte Präventionsprogramme finden Sie in der „Grünen Liste Prävention“.

Aus schulpsychologischer Sicht sind folgende Maßnahmen empfehlenswert:    

  • Soziale Kompetenzen, Empathie und Zivilcourage fördern
  • offene Atmosphäre, faire Gesprächs- und Streitkultur ermöglichen
  • Klassenklima verbessern
  • Digitale Ethik diskutieren und Vereinbarungen treffen
  • Schutzregelung mit Schülerinnen und Schülern gestalten
  • Mobbing thematisieren – über Rollenspiele und Perspektivübernahme mit der Botschaft: Ihr habt Verantwortung!
  • außerschulische Kooperationspartner und Beratungsstellen einbeziehen
  • Vereinbarung eines Werte- und Verhaltenskodexes in der Klasse
  • Jugendliche und Eltern über ihre Verantwortung und mögliche Sanktionen informieren
  • Leitbild der Schule kommunizieren
  • Demokratiebildung ermöglichen und Partizipation leben.

„Seien Sie Vorbild“

Als Klassen- oder Fachlehrkraft haben Sie maßgeblichen Einfluss auf die Werte- und Normorientierung ihrer Schülerinnen und Schüler. Sie sind „Vorbild“. Reflektieren Sie daher regelmäßig auch ihr eigenes Verhalten in Stress- und Gewaltsituationen. Entwickeln Sie eine klare Haltung von Null-Toleranz gegenüber jeder Form von Gewalt. Ihr Verhalten als Lehrkraft ist Modell und Grundlage für Schülerinnen- und Schülerverhalten. Neben ihrem Fachwissen bedarf es auch der Selbstwirksamkeit, Empathie und Selbstregulation. Angebote der Schulpsychologie wie Coaching oder Supervision bieten Hilfestellung, sensibilisieren für die eigene Rolle und eröffnen neue Perspektiven.

Mit Herz gegen Mobbing - Fazit

Wir in der Schulpsychologie hören bewegende Geschichten von Lehrkräften, die aktiv gegen Mobbing- und Gewaltvorfälle vorgegangen sind, wie im Fall von Sevda. Ihr Handeln ist ein wichtiger Baustein und sie sorgen so für einen gewaltigen Unterschied im Erleben der Betroffenen!

Frau Tengel reagierte betroffen auf die Berichte von Sevda, machte ihr Mut, dass sich etwas ändern wird. Sie ließ sich von einer Schulpsychologin beraten und stellte dann zur Verbesserung der Situation von Sevda eine Helferinnen- und Helfergruppe zusammen. Der Klasse signalisierte sie deutlich, dass sie keine Gewalt toleriere, hob gleichzeitig die Stärken und Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler hervor. Es wurden in der Klasse ein Verhaltenskodex und Regeln zur Nutzung von sozialen Medien vereinbart. Seitdem bespricht sie im Klassenrat die Themen, schafft kurze Gesprächsmöglichkeiten mit der Unterstützungsgruppe und bindet ihre Klasse als Menschenrechtewächter ein. Das Klassenklima veränderte sich, denn alle haben erfahren, dass sie gegenseitig Verantwortung tragen. Dieser Prozess hat auch dazu geführt, dass Sevda wieder glücklich zur Schule geht.

Autorinnen:

Angelika Seubert, Schulpsychologin, Zentrum für Schulpsychologie Düsseldorf

Ute Stratmann, Sozialpädagogin, Zentrum für Schulpsychologie Düsseldorf

Landespräventionsstelle gegen Gewalt und Cybergewalt an Schule in NRW

Die Landespräventionsstelle gegen Gewalt und Cybergewalt an Schulen in NRW (LPS) ist eine vom Ministerium für Schule und Bildung NRW geförderte Anlaufstelle, um Schulen in ihrem Engagement gegen Gewalt und Ausgrenzung systematisch zu unterstützen. Die Landespräventionsstelle ist an das Zentrum für Schulpsychologie der Landeshauptstadt Düsseldorf gebunden. Neben der Vernetzung und Koordinierung von bereits bestehenden Gewaltpräventionsprogrammen ist sie für die konkrete Beratung und Unterstützung für alle an Schule tätigen Fachkräfte zuständig. Sie dient Schulen in Nordrhein-Westfalen als zentrale Anlaufstelle zu diesen Themenbereichen:

  • Gewaltprävention in der Schule
  • Cybergewalt und Cybermobbing
  • Medienbildung

Die Landespräventionsstelle unterstützt Schulen dabei, präventiv auf diese Phänomene reagieren zu können. Sie fördert dabei Schulentwicklung, bietet den Schulen Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten und ist im Bereich der Lehrerausbildung mit diversen Workshops vertreten.

Die Beratung und Fortbildung steht Schulleitungen, der Schulaufsicht, Beratungslehrkräften, Lehrkräften, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern, pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie und Referendarinnen und Referendaren zur Verfügung.

 

Landespräventionsstelle gegen Gewalt und Cybergewalt an Schulen in Nordrhein-Westfalen

Zentrum für Schulpsychologie
Willi-Becker-Allee 10

40227 Düsseldorf

Evelyn Schuster
Tel. 0211 – 89 22251

evelyn.schuster[at]duesseldorf.de (evelyn[dot]schuster[at]duesseldorf[dot]de)

Annabel Krome
Tel. 0211 – 89 98828

annabel.krome[at]duesseldorf.de (annabel[dot]krome[at]duesseldorf[dot]de)