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Mehr Begegnung im Familiengrundschulzentrum

Eine Familie spielt auf der Wiese mit Hula Hoop-Reifen

Hilfreiche Knotenpunkte

Familiengrundschulzentren sollen Eltern in die Lage versetzen, ihre Kinder in deren Entwicklung besser begleiten zu können. Dazu werden bedarfsgerechte Angebote vor Ort gemacht, die Eltern, Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler näher zusammenbringen.

[Schule NRW 02-22]

Familiengrundschulzentren sind „Knotenpunkte“ in sozial benachteiligten Stadtteilen, an denen vielfältige kommunale Angebote für Kinder und deren Familien gebündelt werden. Eltern, Schülerinnen und Schüler erhalten dort direkten Zugang etwa zu Sprachförderung, Beratung in Gesundheitsfragen sowie zu kulturellen Angeboten. Die Grundschule wird so zu einer Anlaufstelle für Familien und zu einem Ort der Unterstützung, Begegnung und Beratung.

 

Familiengrundschulzentrum eröffnet Möglichkeiten

In Mülheim an der Ruhr werden vier Grundschulen, die mit diesem Konzept starten, vom Schulministerium gefördert. Eine davon ist die Gemeinschaftsgrundschule Styrum in der Augustastraße. Das Familiengrundschulzentrum soll im April anlaufen. Vor den Sommerferien erreichte die Schulleitung die Frage aus dem Bildungsbüro, ob sie mit ihrer Schule eins von insgesamt 40 Familiengrundschulzentren im Ruhrgebiet werden möchte. Die Entscheidung fiel schnell, erzählt Schulleiterin Simone Müller-Dausel: „Als Schule in einem Stadtteil mit besonderen sozialen Herausforderungen setzen wir unseren Schwerpunkt schon lange auf Unterrichtsentwicklung um alle Schülerinnen und Schüler bestmöglich zu fördern. Als Familiengrundschulzentrum erhalten wir zusätzliche Kapazitäten, mit denen wir weitere Angebote an der Schule auf den Weg bringen und koordinieren können. Wir mussten nicht lange nachdenken und haben sofort zugesagt.“

Gemeinsam mit ihrem Schulberater hat sich die Schulleitung überlegt, welche Ziele sie als Familiengrundschulzentrum (FGZ) erreichen wollen, denn ein Schnellschuss sollte es nicht werden: „Es ist uns wichtig, dass wir nicht ‚blind‘ irgendwelche Angebote machen, sondern sie auf die tatsächlichen Bedarfe der Familien anpassen“, so Frau Müller-Dausel. „Das wichtigste Ziel ist für uns, dass die Angebote beim Kind ankommen. Das gilt nicht nur für die Angebote, die sich direkt an die Schülerinnen und Schüler richten, sondern auch für die Angebote, die für die Eltern gedacht sind. Wir müssen uns immer fragen, ob ein Angebot mittelbar bei den Kindern ankommt, auch wenn es ein reines Elternangebot ist.“ Ein wichtiges Ziel sei auch, die Beziehung und den Austausch zwischen den Eltern und der Schule zu stärken, so die Schulleiterin. „Wir möchten noch mehr mit den Eltern in Kontakt kommen, auch über schulische Themen hinaus. Gleichzeitig möchten wir die Vernetzung unter den Eltern fördern, mögliche Vorbehalte abbauen und sie trotz ihrer Unterschiedlichkeit, zum Beispiel in Hinblick auf eigene Kultur, zusammenbringen.“

 

Angebote bedarfsgerecht ausrichten

Derzeit steht die Schule vor der Frage, wie die Bedarfe der Familien am besten ermittelt werden können. Denn die Inhalte der Angebote in einem FGZ sind nicht konkret vorgeben und können bedarfsgerecht gestaltet werden. „Bei der Bedarfsanalyse geht es auch um die Frage, wie und mit welchen Eltern wir dazu ins Gespräch kommen wollen. Denn bereits sehr engagierte Eltern, die zum Beispiel in der Schulpflegschaft aktiv sind, müssen nicht noch einmal direkt für die Angebote angesprochen oder eingebunden werden. Viele Eltern jedoch scheuen sich davor in die Schule zu kommen, weil sie vielleicht die anderen Eltern nicht kennen und verbleiben in ihren kulturellen Kreisen. Sie möchten ihren Kindern gern helfen, wissen aber nicht wie oder suchen aufgrund von sprachlichen Hürden oder Ängsten keine außerschulischen Beratungsangebote auf. Als Familiengrundschulzentrum können wir konkrete niedrigschwellige Angebote vor Ort schaffen und so ein wunderbarer Ort für Austausch und Symbiose sein. Gleichzeitig geht es um die Frage, ob die Eltern ihre Bedarfe selbst einschätzen und formulieren können - und wie wir sie dabei unterstützen können.“

Ein Anknüpfungspunkt für mögliche Familienangebote sieht die Schulleiterin in dem bereits jahrgangsübergreifend organisierten Unterricht: „Wir führen an unserer Schule regelmäßig Projekttage durch, zum Beispiel zum Thema ‚Gesunde Ernährung‘. An diesen schulischen Inhalten könnten wir mit Angeboten für die Eltern andocken und sie so in den Schulalltag integrieren. Am Ende ist es unser Ziel, dass den Eltern die Wirkung der Angebote bewusst ist und sie sie gern als Instrument annehmen, um ihr Kind zu unterstützen.“

Die Mülheimer Schule kann an bereits bestehende Angebote und Strukturen anknüpfen wie dem Ganztag und der Elternarbeit, der Arbeit von Entwicklungsteams und bereits vorhandenen Kooperationen im Stadtteil. „Wir wollen uns auf jeden Fall mit den schon vorhandenen Familienzentren der Kitas und dem FGZ der Nachbargrundschule absprechen, damit keine Dopplungen in den Angeboten entstehen und wir eine bestmögliche Angebotsvielfalt koordinieren können“, so Frau Müller-Dausel. Als Schulleiterin in einem eher bildungsbenachteiligten Stadtteil freut sie sich sehr über die zusätzliche Förderung für die Familien und Kinder: „Während der Pandemie fehlte es den Kindern besonders an Sozialkontakten und Bewegung. Als Familiengrundschulzentrum wollen wir ein Ort der Begegnung werden, an dem gemeinsames Lernen, Aktivitäten und Gespräche im Vordergrund stehen.“

 

Rahmenbedingungen für 40 Familiengrundschulzentren

Insgesamt drei Millionen Euro stellt das Schulministerium bis Ende 2022 zur Verfügung, um 40 Familiengrundschulzentren in 12 Kommunen des Ruhrgebiets einzurichten. Finanziert werden damit insbesondere die Leitungsstellen der Familiengrundschulzentren, Koordinationsstellen in den jeweiligen kommunalen Verwaltungen sowie die Umsetzung einzelner Förderangebote. Ergänzt werden die Landesmittel um einen Eigenanteil der Kommunen in Höhe von insgesamt 600.000 Euro. Die Einrichtung der Familiengrundschulzentren soll zur Weiterentwicklung der Schullandschaft im gesamten Ruhrgebiet beitragen. Dazu werden die Kommunen zusätzlich über eine zentrale Landeskoordination unterstützt, die den Austausch über Stadtgrenzen hinweg befördern soll. Mit der Stärkung durch die Familiengrundschulzentren wird gleichzeitig auch eine Stärkung des gesamten Wohnquartiers erreicht und die Schule noch mehr als zentraler Ort der Gesellschaft gestärkt.

Die Idee, dass Land und Kommunen im Ruhrgebiet gemeinsam solche Familiengrundschulzentren einrichten, wurde im Rahmen der Ruhr-Konferenz entwickelt. Angelehnt an das Konzept von Familienzentren an Kindertages­einrichtungen, das in Nordrhein-Westfalen seit über zehn Jahren landesweit gefördert wird, setzen die Familiengrundschulzentren diese kommunale Vernetzung als Maßnahme von Schulentwicklung fort.

 

Autorin: Marie-Luise Kaiser, Ministerium für Schule und Bildung NRW