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Schätze vor der Haustür: Mit Bildungspartnerschaften lebendiges Lernen gestalten

Schülerinnen und Schüler der Wilhelm-Hartschen-Schule in Solingen lernen die Gesenkschmiede Henrichs kennen.

Schätze vor der Haustür: Mit Bildungspartnerschaften lebendiges Lernen gestalten

Lernorte jenseits des Klassenzimmers öffnen Schülerinnen und Schülern einzigartige Zugänge zu Geschichte, Kultur und Technik. Ein herausragendes Beispiel dafür ist die langjährige Bildungspartnerschaft zwischen der Gesenkschmiede Hendrichs und der Wilhelm-Hartschen-Schule in Solingen.

[Schule NRW 10-25]

An einem warmen Sommertag besucht die Primarstufe der Wilhelm-Hartschen-Schule das LVR-Industriemuseum. Die Gesenkschmiede Hendrichs, die sich in einer ehemaligen Fabrik befindet, beeindruckt mit alten Ziegelwänden, die die verschiedenen Arbeitshallen voneinander trennen. Der zuvor holprige Pflastersteinweg wurde inzwischen geebnet, um einen möglichst barrierearmen Zugang zu ermöglichen: Ob Rollstuhl, Kinderwagen oder Krücken: Alle Besucherinnen und Besucher können nun das Museum einfacherer und sicherer erreichen. Das Museum bietet der Förderschule für geistige Entwicklung ein bedarfsgerechtes Bildungsprogramm.

 

Ein Besuch in der Gesenkschmiede Hendrichs

Bereits bei der Ankunft erwartet Jürgen Schrage, Museumsmitarbeiter der Gesenkschmiede, die Gruppe und führt die Schülerinnen und Schüler in die Welt der historischen Scherenerstellung ein. Um den enormen Kraftaufwand moderner Maschinen zu demonstrieren, wird die Gruppe zunächst dazu aufgefordert, die Metallrohlinge mit ihren bloßen Händen zu zerbrechen. Dieses Experiment verdeutlicht den ungeheuren Druck, mit dem die Maschinen arbeiten. Anschließend setzen alle einen Gehörschutz auf, bevor sie den Riemenfallhammer in Aktion erleben, der die rotglühenden Spaltstücke rhythmisch und mit lautem Donnern in Form schlägt. Später dürfen die Schülerinnen und Schüler die Scherenrohlinge selbst feilen, bis sie silbern glänzen.

„Die Wilhelm-Hartschen-Schule kommt mit allen Jahrgängen einmal im Jahr zu uns.“, erzählt Jan-Nikolas Pankop, Museumspädagoge der Gesenkschmiede. „Jeder Jahrgang macht unterschiedliche Programme. Die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe zum Beispiel schmieden eine eigene Messerklinge.“

Diese enge und regelmäßige Zusammenarbeit basiert auf der über zehnjährigen Bildungspartnerschaft zwischen der Wilhelm-Hartschen-Schule und der Gesenkschmiede Hendrichs. Die Idee einer Bildungspartnerschaft ist ebenso einfach wie wirkungsvoll: In einer schriftlichen Kooperationsvereinbarung verabreden die Schule und ihr außerschulischer Partner gemeinsame Ziele und Aktivitäten, die das außerschulische Lernen zu einem festen Bestandteil des Unterrichts und des Schullebens machen.

 

Im Rahmen des landesweiten Programms unterstützt Bildungspartner NRW seit 2005 die systematische Zusammenarbeit von Schulen und außerschulischen Partnern. Das Angebot findet hohe Resonanz: Zu Beginn des neuen Schuljahres wurde bereits die 2.000. Bildungspartnerschaft unterzeichnet. Wer mitmacht, profitiert von vielfältigen Vorteilen wie Kongressen, Fachveranstaltungen, Kooperationsvereinbarungen, Öffentlichkeitsarbeit und dem Wettbewerb „Kooperation. Konkret.“. Die drei kostenlosen digitalen Angebote BipaMap.NRW, BipaLab.NRW und BIPARCOURS unterstützen Schulen und außerschulische Partner, ihre Kooperationen vielfältig zu gestalten.

 

Lehrerin Michelle Mehmel schätzt die verlässlichen Absprachen und routinierte Organisation: „Eine Bildungspartnerschaft ist eine schöne Sache, auf die man sich verlassen kann, statt immer wieder neu zu gucken, mit wem man kooperiert. Wir müssen nicht jedes Mal neu anfragen, sondern es gibt einen Kooperationspartner, einen Menschen mit dem innerhalb der Schule kommuniziert wird. Bei uns ist das Christoph Luft, der koordiniert das für die ganze Schule zusammen mit Jan-Nikolas Pankop.“

Diese klaren Absprachen erleichtern nicht nur die langfristige Zusammenarbeit, sondern entlasten auch die Lehrkräfte. Ein Beispiel dafür ist das Patensystem der Wilhelm-Hartschen Schule: Schülerinnen und Schüler der Berufspraxisstufe begleiten jüngere Schülerinnen und Schüler während ihres Besuchs in der Gesenkschmiede. Für beide Seiten entstehen dabei wertvolle Erfahrungen – während die Älteren Verantwortung übernehmen, fühlen sich die Jüngeren in der neuen Umgebung sicher. Auch die älteren Schülerinnen und Schüler selbst profitieren: Sie sammeln Eindrücke, die ihnen später bei der beruflichen Orientierung helfen – ein Lernfeld, das der Unterricht allein in dieser Form nicht abbilden könnte.

Über den unmittelbaren Lernort hinaus ergeben sich wichtige Impulse für das Verständnis der eigenen Umgebung, wie Museumspädagoge Jan-Nikolas Pankop betont: „Ich finde es wichtig, dass sich bei den Schülerinnen und Schülern eine Gewohnheit bildet, Kultur zu lesen und mit einem Museum umzugehen. Das ist eine kulturelle Fähigkeit, die jeder Mensch haben sollte. Wir im Museum sprechen viel über die Vergangenheit, aber wir haben auch viel über die Gegenwart zu sagen: Warum sieht Solingen heute so aus, wie es aussieht?“

Die Bildungspartnerschaft eröffnet somit nicht nur praxisnahe Erfahrungen und Orientierung für den zukünftigen Lebensweg der Schülerinnen und Schüler, sondern stärkt auch die Fähigkeit, die eigene Umgebung zu verstehen. Zudem fördert sie die Identifikation mit der eigenen Lebenswelt und schafft ein Bewusstsein für die kulturellen Schätze, die direkt vor der Haustür liegen.

 

Sie sind auch auf der Suche nach einem Kooperationspartner? Auf BipaMap.NRW, der Plattform von Bildungspartner NRW, finden Sie spannende Lernorte ganz in Ihrer Nähe. Einfach Schlagwort, Stadt oder Bildungsthema eingeben und den passenden Partner entdecken. Auch das LVR-Industriemuseum Gesenkschmiede Hendrichs ist dort bereits vertreten.

 

Autor: Christopher Filbrich, Bildungspartner NRW