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Kinder und Jugendliche in der ZUE Neuss erhalten ein schulnahes Bildungsangebot.

Schulnahes Bildungsangebot in Zentralen Unterbringungseinrichtungen

Lehrkräfte unterrichten geflüchtete Kinder und Jugendliche im Rahmen schulnaher Bildungsangebote in Zentralen Unterbringungseinrichtungen.

[Schule NRW 10-21]

Bildung und Sprache sind die Schlüssel, um Kindern und Jugendlichen, die als Asylsuchende nach Deutschland gekommen sind, erste Wege zur Integration zu ermöglichen. Der gemeinsame Runderlass des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration und des Ministeriums für Schule und Bildung „Schulnahe Bildungsangebote in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) in Nordrhein-Westfalen“ (BASS 13-63 Nr. 5) vom 1. Juli 2020 bildet hierzu eine gute Grundlage. Es ist wichtig, Kindern und Jugendlichen, die als Asylsuchende in ZUE untergebracht sind, unabhängig von ihrer Bleibeperspektive und möglichst zeitnah nach Ankunft in Deutschland, Zugang zu einem schulnahen Bildungsangebot zu ermöglichen.

 

Aktueller Stand der Umsetzung

Seit August 2020 wird das schulnahe Bildungsangebot sukzessive an den ZUE des Landes umgesetzt. Zu Beginn des Schuljahres 2021/2022 war das Angebot bereits in 18 von 24 ZUE, in denen eine Umsetzung möglich ist, eingerichtet. In weiteren fünf ZUE ist die Einrichtung des schulnahen Bildungsangebots für die zweite Jahreshälfte 2021 geplant.

 

Zielsetzung und Schwerpunkte des schulnahen Bildungsangebots

Es geht wesentlich darum, Einschnitte in der Bildungsbiographie durch das schulnahe Bildungsangebot bestmöglich aufzufangen. Den Kindern und Jugendlichen werden allgemeine Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Werthaltungen vermittelt, um so die Heranführung und Vorbereitung auf den Besuch der Regelschule zu ermöglichen und die Anschlussfähigkeit an das Bildungssystem sicherzustellen. In diesem Zusammenhang sagt eine abgeordnete Lehrkraft:

„Die Arbeit mit den geflüchteten Kindern dient nicht nur der Sprach- und Wissensvermittlung, sondern auch der Vermittlung von Regeln des Schulalltages und des sozialen Miteinanders.“

Das erlernte Wissen, der soziale Umgang miteinander und weitere erworbene Kenntnisse tragen wesentlich dazu bei, dass junge Menschen Bildung erfahren und nutzen, unabhängig davon, ob sie in Deutschland bleiben oder ihre individuelle Bildungsbiografie im Herkunftsland fortsetzen werden.

Im schulnahen Bildungsangebot liegt der Schwerpunkt in der Vermittlung der deutschen Sprache und bei Bedarf bei der Alphabetisierung. Besonders durch die Förderung der deutschen Sprache erhalten die Kinder und Jugendlichen im Rahmen des schulnahen Bildungsangebots eine wichtige Unterstützung, um sich in ihrer noch neuen Umgebung besser orientieren und miteinander kommunizieren zu können. Ihnen werden zudem Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in Mathematik, in Gesellschaftslehre und in Naturwissenschaften vermittelt.

Die Unterrichtsinhalte und Rahmenbedingungen beruhen auf einem pädagogischen Konzept des Ministeriums für Schule und Bildung.

 

Lerngruppen und Unterrichtsräume

Im Rahmen der personellen und räumlichen Möglichkeiten werden Lerngruppen eingerichtet, die sich am Alter der Kinder (Primar- beziehungsweise Sekundarbereich) und einer Größenordnung von in der Regel 15 Kindern oder Jugendlichen orientieren. Aufgrund der dynamischen Zuweisungsprozesse in die Kommunen ist die Fluktuation der Kinder und Jugendlichen in den ZUE und somit auch im schulnahen Bildungsangebot relativ hoch.

Neben der bestehenden Heterogenität, wie sie in allen Schulformen zu finden ist, sind die Kinder und Jugendlichen, die das schulnahe Bildungsangebot besuchen, insbesondere mit Blick auf ihre Bildungsvorerfahrungen äußerst verschieden. Dazu sagt eine abgeordnete Lehrkraft:

„Die besondere Herausforderung ist die Heterogenität der Gruppe bezüglich des Lernstandes und der individuellen Fluchterfahrung.“

Zugleich hält sie fest:

„Die Kinder und Jugendlichen nehmen das Angebot sehr dankbar an und sind meist hochmotiviert und lernbereit.“

Alle Lernräume, die für das schulnahe Bildungsangebot genutzt werden, sind technisch beziehungsweise digital ausgestattet. In der Mehrheit der Lernräume ist W-LAN verfügbar und stehen digitale Endgeräte (Laptops oder Tablets) zur Nutzung vor Ort für die Kinder und Jugendlichen bereit. Darüber hinaus sind einige Lernräume auch mit Beamern, interaktiven Whiteboards und CD-Playern ausgestattet.

 

Abgeordnete Lehrkräfte und Kooperationsschulen

Zur Umsetzung dieses schulnahen Bildungsangebotes stellt das Ministerium für Schule und Bildung 50 Planstellen für Lehrkräfte und Entlastungstunden zur Verfügung.

Mit Ausnahme der Schulferien findet das schulnahe Bildungsangebot regelmäßig an fünf Tagen in der Woche statt und umfasst in der Regel wöchentlich 25 Unterrichtsstunden (à 45 Minuten).

Die jeweils zuständige Bezirksregierung vermittelt Kooperationsschulen, die mit der ZUE und den dort eingesetzten Lehrkräften zusammenarbeiten. Die Kooperationsschulen sind für die Lehrkräfte Ansprechpartner in Fragen des Unterrichts und bestimmen zur Unterstützung der Lehrkraft jeweils eine Person als Mentorin oder Mentor. Dafür enthält die Kooperationsschule eine Entlastung durch Anrechnungsstunden. Die Lehrkraft wird an der Kooperationsschule oder der Stammschule geführt und an das Schulamt abgeordnet.

Eine fachliche Unterstützung erfolgt durch das Schulamt. Zudem schließen die jeweilige Bezirksregierung, das zuständige Schulamt und die Kooperationsschule eine konkrete Kooperationsvereinbarung, in die das Kommunale Integrationszentrum mit einbezogen werden kann.

 

Lehr- und Lernmaterialien

Angesichts der hohen Fluktuation und heterogenen Ausgangslagen der Kinder und Jugendlichen in den Lerngruppen des schulnahen Bildungsangebots gelten besonders hohe methodisch-didaktische Anforderungen, um Lehr- und Lernsettings adäquat zu gestalten. Zur individuellen Förderung sieht daher das verbindliche pädagogische Konzept des Schulministeriums neben individualisierten Arbeitsaufträgen den Einsatz des Programms „Kernvokabular trifft DaZ“ (KvDaZ), das vom Forschungs- und Beratungszentrum (FBZgGmbH) an der Universität Köln entwickelt und etabliert wurde, vor. KvDaZ zielt auf die handlungsorientierte Vermittlung von Kernvokabular in der deutschen Sprache ab, so dass durch gezielte Gesprächsanlässe pragmatische Sprachkompetenzen gefördert werden und ein schneller Kommunikationsaufbau im Rahmen der deutschen Alltagssprache ermöglicht wird. Zugleich beziehen die Lehrkräfte die Mehrsprachigkeit der Kinder und Jugendlichen zur Unterstützung der sprachlichen sowie fachlichen Lernprozesse und zur Stärkung des sozialen Miteinanders mit ein. Auf diese Weise gelingt es zügig, eine Kommunikation unter den Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen.

Die abgeordneten Lehrkräfte werden für den Einsatz des Programms KvDaZ, mit dem alle ZUE für das schulnahe Bildungsangebot ausgestattet werden, weiterqualifiziert.

 

 

Autorinnen: Christiane Schüßler & Dr. Mona Massumi, Ministerium für Schule und Bildung NRW