Arbeitshilfe zur Neustrukturierung der Verfahren zur Feststellung eines Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung
Ab dem Schuljahr 2025/2026 gelten im Rahmen der Pilotierung in den Bezirksregierungen Arnsberg und Münster veränderte Abläufe für das Feststellungsverfahren gemäß §§ 10-14 und § 17 AO-SF.
Die vorliegende Arbeitshilfe beschreibt die veränderten Abläufe des Feststellungsverfahrens. Dies gewährleistet, dass Eltern und Lehrkräfte über eine gesicherte Informationsgrundlage verfügen.
Das Verfahren zur Feststellung des sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs wird während der Pilotierung wie folgt durchgeführt:
- Die Eltern (oder im Ausnahmefall die Schule, § 12 AO-SF) stellen einen Antrag auf Eröffnung des Verfahrens, § 11 AO-SF.
- Den Schulen stehen für alle Förderschwerpunkte digitale, standardisierte Vorlagen zur Verfügung, die im Rahmen des Verfahrens verbindlich zu nutzen sind. Diese dienen der Dokumentation des pädagogischen sowie diagnostischen Prozesses in der Schule. Die verantwortlichen Lehrkräfte bearbeiten die standardisierten Vorlagen digital, laden dazu notwendige Informationen und Dokumente hoch und versenden die ausgefüllten Unterlagen über das Portal „Beteiligung NRW“ an die zuständige Schulaufsichtsbehörde.
- Nach Eingang bei der zuständigen Schulaufsichtsbehörde werden die Unterlagen an die Expertisestelle in der zuständigen Bezirksregierung übersandt und dort geprüft und bearbeitet. In der Regel erstellt die Expertisestelle aufgrund dieser Unterlagen ein Kurzgutachten. Auf dieser Grundlage entscheidet die zuständige Schulaufsichtsbehörde über den Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung, den Förderschwerpunkt oder die Förderschwerpunkte und ggf. über das Erfordernis zieldifferenter Förderung.
- Stellt die Expertisestelle fest, dass die von der zuständigen Schulaufsichtsbehörde vorgelegten Unterlagen im Einzelfall zur Beurteilung nicht ausreichend sind, fordert sie ergänzende Unterlagen an oder veranlasst zunächst eine vertiefte Begutachtung.
- Im Falle eines Wechsels oder einer Aufhebung des Förderschwerpunktes gemäß §§ 17, 18 AO-SF gelten die obenstehenden Ausführungen entsprechend.
Zur Unterstützung werden im Bildungsportal für die unterschiedlichen Förderschwerpunkte die standardisierten Vorlagen zur Information bereitgestellt. Die Nutzung erfolgt ausschließlich durch die Schule im digitalen Format. Ergänzt werden die Informationen durch eine Auswahl bewährter Diagnoseverfahren und Leitfäden für Gespräche mit Schülerinnen und Schülern und mit Sorgeberechtigten.
Eröffnung des Feststellungsverfahrens – Formulare für das Feststellungsverfahren
Handhabung der Formulare
Im Rahmen der Feststellungsverfahren sind die beigefügten Formblätter verbindlich von der Schule zu nutzen. Sie verbleiben in der Schule, die erfragten Daten werden in der standardisierten Vorlage abgefragt.
Weitere beizufügende Dokumente sind den standardisierten Vorlagen für die Förderschwerpunkte (vgl. Kapitel 2) zu entnehmen.
Die ausgefüllten Antragsformblätter werden den Sorgeberechtigten in Kopie ausgehändigt.
Hinweis: Für Schülerinnen und Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen gilt § 42 AO-SF.
Standardisierte Vorlagen zu den Förderschwerpunkten
Die standardisierten Vorlagen ermöglichen die Dokumentation des pädagogischen sowie diagnostischen Prozesses in der Schule. Sie dienen der Schule und auch der Expertisestelle als Prüf- und Reflexionstool. Die standardisierten Vorlagen gliedern die fachliche Prüfung und dienen als Grundlage für das Kurzgutachten.
Kurzeinführung und allgemeine Nutzungshinweise
Die für die Förderschwerpunkte erarbeiteten einheitlichen standardisierten Vorlagen sind so konzipiert, dass sie durch die enthaltenen Fragestellungen eine kriteriale, systematische und fundierte Einschätzung in Bezug auf den vermuteten Bedarf an sonderpädagogischer Förderung ermöglichen. Einzelnen Fragen der Vorlagen sind unterstützende Bearbeitungshinweise beigefügt.
Die standardisierten Vorlagen gliedern sich in
Grunddaten zur Schule
Grunddaten der Sorgeberechtigten
Grunddaten der Schülerin oder des Schülers
Klärungsbereich 1: relevante vor- und außerschulische Entwicklungsbedingungen
Klärungsbereich 2: Prävention
Klärungsbereich 3: unterrichtsfachliche Kompetenzentwicklung
Klärungsbereich 4: zentrale Förderschwerpunktaspekte
Die anhand dieser Vorlagen vorzunehmende fachliche Prüfung ist kein punktueller oder isoliert angelegter Arbeitsauftrag, sondern bilanziert langfristig gewonnene Erkenntnisse über die Lernentwicklung einer Schülerin oder eines Schülers. Sie dokumentiert die Resultate präventiver Förderung, die Informationen aus Gesprächen und anderen Erkenntnisquellen und verbindet diese Erkenntnisse mit aktueller und umfassender Diagnostik.
Zugleich
- vereinheitlichen die standardisierten Vorlagen die Durchführung eines Verfahrens zur Feststellung eines sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs,
- benennen sie geeignete Diagnoseverfahren zur Einschätzung von Entwicklungsständen und Förderperspektiven,
- bieten sie als Gesprächsgegenstand Transparenz für die betreffenden Schülerinnen und Schüler, die Sorgeberechtigten sowie für alle beteiligten Fachpersonen.
Die standardisierten Vorlagen konkretisieren und präzisieren förderschwerpunktspezifisch folgende Aspekte:
- Benennung konkreter Prüfbereiche und -aspekte, die eine aktuelle wissenschaftliche Perspektive auf sonderpädagogische Unterstützungsbedarfe einbeziehen
- Stärkung der evidenzbasierten Diagnostik und Förderung
- Stärkung der schulischen Umsetzung und Wirksamkeitsreflexion präventiver Förderung
- Differenzierung der Prüfaspekte hinsichtlich allgemeinpädagogischer und sonderpädagogischer Items
- Ergänzung einer individuumszentrierten Blickweise bei der Erfassung von Lern- und Entwicklungssituationen um eine systemische Betrachtung
- Präzisierung und Standardisierung der förderschwerpunktbezogenen Interpretationen.
Zur praktischen Handhabung folgende Hinweise:
- Die standardisierten Vorlagen sind im Portal „Beteiligung NRW“ hinterlegt und dort ausschließlich für die Schulen der Pilotregionen zugänglich.
- Sie sind förderschwerpunktspezifisch konzipiert und bei der Durchführung eines Verfahrens zur Feststellung eines Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung verbindlich zu nutzen.
- Die Bearbeitung der jeweiligen standardisierten Vorlage verantwortet i.d.R. die Klassenlehrkraft der Schülerin oder des Schülers.
- Die Fragestellungen zu den vier Klärungsbereichen der standardisierten Vorlage sind durch die Zusammenarbeit zwischen der Klassenlehrkraft, Lehrkräften für sonderpädagogische Förderung, Lehrkräften anderer Lehrämter sowie Fachkräften aus anderen Berufsgruppen gemeinsam zu bearbeiten und zu beantworten. Einige Prüfitems mit förderschwerpunktspezifischer Begrifflichkeit sind explizit an sonderpädagogische Expertise gebunden, dies gilt besonders für den Klärungsbereich 4. Diese erforderliche Expertise soll durch die Lehrkräfte für sonderpädagogische Förderung eingebracht werden.
- Alle genannten Fragen in den vier Klärungsbereichen sind vollständig zu beantworten. Pflichtangaben sind besonders benannt. Falls eine Frage nicht beantwortet werden kann, ist dies zu erläutern.
- In Bezug auf die fachlichen Fragestellungen sind erforderliche Belege, Dokumentationen bzw. Diagnoseverfahren benannt.
- Für den Fall, dass keine Lehrkraft für sonderpädagogische Förderung in der Schule tätig ist, wird die sonderpädagogische Expertise durch einen fachlichen Austausch mit einer Lehrkraft für Sonderpädagogik einer Schule des Gemeinsamen Lernens oder einer Förderschule des jeweiligen Förderschwerpunkts gewährleistet.
- Gesprächsprotokolle verbleiben grundsätzlich in der Schule. Falls im Einzelfall die Einsicht in Gesprächsprotokolle für die Expertisestelle unerlässlich ist, wird das Dokument separat angefordert.
- Standardisierte, psychologisch ausgerichtete Verfahren z.B. zur Überprüfung der Intelligenz bedürfen immer der Zustimmung der Sorgeberechtigten.
- Für den Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie Therapeutinnen und Therapeuten muss eine Schweigepflichtentbindung der Sorgeberechtigen vorliegen.
Ist der Antrag auf Grundlage der bearbeiteten standardisierten Vorlage entscheidungsreif, wird von der Expertisestelle ein Kurzgutachten erstellt und so die Entscheidung über den Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung vorbereitet.