Logo Bildungsland NRW - Bildungsportal
Grafische Darstellung eines Mikrofons, daneben der Schriftzug "Nachgefragt - Der MSB Podcast"

Das Ministerium für Schule und Bildung in Nordrhein-Westfalen - kurz MSB - erreichen täglich Nachfragen zu schulischen und schulrechtlichen Themen. Die meisten werden direkt oder auf dem Dienstweg durch die Expertise der Bezirksregierungen beantwortet. Dabei stellen wir fest, dass bestimmte Fragestellungen immer wieder auftauchen. Daher möchten wir unseren neuen Podcast „Nachgefragt“ nutzen, um auf diesem Wege Fachleute aus dem MSB ausführlich zu Wort kommen zu lassen, um für mehr Transparenz und Klarheit zu sorgen.

Medienscouts - Nachgefragt - Podcast Folge 3 Im Gespräch: Monika Pieper, MSB, Referentin im Referat 322, Lehren und Lernen in der Digitalen Welt, Medienberatung, Lernmittel und Rebekka Wasinski, Landesanstalt für Medien NRW

Audio
17:14 Minuten
19. Juli 2024

Das Angebot "Medienscouts NRW" unterstützt Schulen dabei, präventiv Probleme im Umgang mit digitalen Medien im schulischen Alltag aufzugreifen und zu bearbeiten. Aber wie kann man daran teilnehmen und wie läuft die Umsetzung in der Schule ab? Darüber sprechen Monika Pieper aus dem Referat für Lehren und Lernen in der digitalen Welt im Schulministerium und Rebecca Wasinski von der Landesanstalt für Medien, dort unter anderem zuständig für den Bereich Medienprävention.

Interviewer:
Ralf Dolgner, MSB, Referatsleiter 126, Öffentlichkeitsarbeit, Amtsblatt

Interviewte:
Monika Pieper, MSB, Referentin im Referat 322, Lehren und Lernen in der Digitalen Welt, Medienberatung, Lernmittel; 
Rebekka Wasinski, Landesanstalt für Medien NRW

Dolgner: Herzlich Willkommen zu einer weiteren Ausgabe von „Nachgefragt“, dem MSB-Pod­cast. Uns erreichen immer wieder Anfragen aus den Schulen: Was ist eigentlich das Projekt „Medienscouts NRW“? Wie kann man daran teilnehmen und wie läuft das dann? Genau darüber sprechen jetzt Monika Pieper aus dem Referat für Lehren und Lernen in der digitalen Welt hier im Schulministerium.

Pieper: Ja, herzlich Willkommen. Monika Pieper, Referentin im Referat 322 im Schulministerium. Ich freue mich, dass wir heute ein paar Infos zum Thema Medienscouts verbreiten können. Wir freuen uns über jede Schule, die sich dadurch motiviert fühlt, an dem Projekt teilzunehmen.

Dolgner: Und wenn Sie sagen „wir“, dann meinen Sie auch Rebecca Wasinski von der Landesanstalt für Medien, dort unter anderem zuständig für den Bereich Medienprävention. Herzlich Willkommen.

Wasinski: Hallo, mein Name ist Rebecca Wasinski und auch ich freue mich, heute hier zu sein.

Dolgner: Weil Sie es gerade gesagt haben, dass Sie sich freuen, hier zu sein in der Bibliothek des Ministeriums für Schule und Bildung und umringt von tausenden von Büchern. Das gibt zwar eine gute Akustik, aber eigentlich müssten wir hier umringt sein von Smartphones, Tablets und Computern. Genau darüber wollen wir ja heute sprechen. Wie kann man Schülerinnen und Schülern genau dabei helfen und sie begleiten, mit diesen Geräten und mit den Inhalten richtig umzugehen? Da gibt’s ja schon länger die Medienscouts. Frau Wasinski, was oder wer sind denn die Medienscouts?

Wasinski: Das Angebot Medienscouts NRW unterstützt Schulen dabei, präventiv Probleme im Umgang mit digitalen Medien an die Schule zu bringen. Das sind so Themen wie Cybermobbing, Cybergrooming, Datenmissbrauch oder auch die exzessive Mediennutzung, die wir im Rahmen dieser Ausbildung besprechen, um diese dann im schulischen Alltag auch aufgreifen zu können und dort zu bearbeiten. Die Medienscouts NRW ist ein Angebot der Landesanstalt für Medien NRW und dem Ministerium für Schule und Bildung NRW.

Dolgner: Kurz eingehakt: Cybermobbing kennen wir, Datenmissbrauch und exzessive Mediennutzung auch, aber was ist denn Cybergrooming?

Wasinski: Cybergrooming ist ein Phänomen, welches die Anbahnung von sexuellen Kontakten mit Kindern im Internet beschreibt. Und auch das ist ein wichtiges Thema, welches wir im Rahmen der Ausbildung besprechen.

Dolgner: Frau Pieper, was müssen Schulen machen, damit sie in ihren Schulen Medienscouts dann haben?

Pieper: Schulen müssen erstmal Medienkompetenz als solches als ganz wichtige Schlüsselkompetenz für sich erfahren und erkennen und in einem Medienkonzept letztendlich Überlegungen anstellen, wie kann ich denn Medienkompetenzförderung an unserer Schule umsetzen? Und ich glaube, dieses Projekt Medienscouts NRW ist großartig geeignet, ein Baustein bei der Medienkompetenzförderung an Schulen zu sein, da hier ein „Peer-Education-Ansatz“ gefahren wird, das heißt, Kinder und Jugendliche lernen von anderen Jugendlichen, wie man sich im Netz verhält, wie man sicher mit sozialen Netzwerken umgeht, wie man mit Phänomenen wie Cybergrooming und Cybermobbing umgeht. Denn wir wissen alle, wir Erwachsenen werden von den Kindern und Jugendlichen nicht als Experten im Internet wahrgenommen, sondern man vertraut da doch eher der Expertise von anderen Jugendlichen, von älteren Jugendlichen, die ja im Grunde mit den gleichen Erfahrungen aufwarten können und von ihren eigenen Erfahrungen Jüngeren dann berichten können. Insofern ist dies für uns ein ganz großartiger Ansatz, die Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler an der Schule zu fördern. Und das weitere Tolle ist, die Schülerinnen und Schüler werden damit an der Schule nicht allein gelassen. Wir qualifizieren auch Beratungslehrkräfte.

Wasinski: Genau, das ist ganz wichtig, damit eben die Schülerinnen und Schüler auch eine Ansprechstation haben, an die sie sich wenden können, wenn sie selber mal Probleme oder Fragen haben oder vielleicht auch Unklarheiten im Umgang mit den herangetragenen Problemen von anderen Schülerinnen und Schülern. Neben den Beratungsfachkräften steht aber auch jederzeit das Team der Landesanstalt für Medien NRW zur Verfügung sowohl für die Fachkräfte als auch für die Medienscouts wenn es Fragen zu digitalen Medien gibt.

Dolgner: Sie haben gerade von Beratungslehrkräften gesprochen. Aber gerade bei diesem Thema sind ja vielleicht an Schulen andere Professionen noch involviert und können mitberaten. Müssen das immer unbedingt Lehrkräfte sein?

Pieper: Nein, das müssen nicht unbedingt Lehrkräfte sein. Das können auch Schulsozialarbeiter, Psychologen oder Sozialpädagogen sein, also das betrifft das pädagogische Personal der Schule, was da als Beratungsfachkraft unterwegs sein kann. Wir fangen auch nicht bei Null an. Also es wird ja von ganz vielen Schulen bereits angenommen das Projekt und umgesetzt, und auch da sind wir dabei, die Schulen miteinander zu vernetzten. Nicht jede Schule muss das Rad neu erfinden und ein eigenes Konzept erstellen. Also wir haben inzwischen über tausend Schulen, glaube ich, die an dem Projekt teilnehmen.

Wasinski: Genau, und es werden immer mehr. Dazu muss man auch sagen, wir sind gestartet mit dem Angebot im Jahr 2011 und mittlerweile haben wir auch mehr als 7.300 Medienscouts in ganz Nordrhein-Westfalen ausgebildet und über 3.000 Beratungsfachkräfte. Da ist mittlerweile ein echt großes Netzwerk vorhanden. Und damit es eben noch mehr werden, freuen wir uns, wenn weitere weiterführende Schulen an dem Angebot teilnehmen. Das können wie gesagt alle weiterführenden Schulen in Nordrhein-Westfalen sein. Unsere Qualifizierung findet schulformübergreifend statt. Und pro Schule können dann bis zu vier Medienscouts und zwei Beratungsfachkräfte von uns ausgebildet werden.

Dolgner: Gibt es ein bestimmtes Alter, also an weiterführenden Schulen, müssen die 10, 11, 12 Jahre alt sein oder doch älter?

Wasinski: In der Regel sind das Schülerinnen und Schüler der Klassen 7 bis 9. Und der Gedanke ist eben, wenn diese erstmalig qualifiziert worden sind, dass die Medienscouts gemeinsam mit den Beratungsfachkräften an der eigenen Schule dann neue Generationen der Medienscouts eigenständig ausbilden.

Dolgner: Passiert das an der Schule oder gibt’s da zentrale Orte in Nordrhein-Westfalen?

Pieper: Also wir bemühen uns, dass die Schulen nah beieinander liegen. Also wenn wir zum Beispiel Schulen im Ruhrgebiet haben, dann fassen wir fünf Schulen zusammen und machen eine gemeinsame Qualifizierung, weil dann gleichzeitig die Vernetzung stattfindet, dass man sich mal trifft und sich vielleicht mal an der Schule besucht und sich anguckt, was macht denn die andere Schule in diesem Projekt so. Da sind wir bemüht, immer die Schulen relativ nah beieinander zu haben. Und das Projekt selber wird auch vor Ort koordiniert. Oftmals machen das die kommunalen Medienzentren vor Ort oder auch die Medienberatenden, sodass man da bei den kommunalen Medienzentren zum Beispiel die Qualifizierung durchführen kann. Da suchen wir uns Partner vor Ort, die uns da unterstützen.

Dolgner: Wie lange dauert das dann?

Wasinski: Das sind fünf Termine, die Erstqualifizierung, die finden dann aber auch nicht im Rahmen einer Projektwoche statt, sondern da ist schon noch ein bisschen Zeit zwischen den einzelnen Terminen, damit die Medienscouts in ihre Rolle hineinwachsen können und auch erste eigene Projektideen an ihrer Schule entwickeln können. Nachdem diese fünf Termine stattgefunden haben sind die Schulen zertifiziert.

Pieper: Ja, Sie haben es gesagt, fünf Termine. Und wir wissen auch, das ist eine Zeitressource, die wir da einsetzen müssen. Und wir wissen auch, das ist eine Herausforderung für Schulen. Also man muss sich das gut überlegen. Aber wir glauben ganz fest, dass sich das auszahlt nachher, wenn die Medienscouts installiert sind, dass das auch was mit dem Schulleben macht, dass Konflikte zurückgehen können, wenn man es gut umsetzt. Und für die Medienscouts selber, glaube ich, ist das auch eine Riesenchance, weil man nicht nur zur Medienkompetenz Erfahrungen macht und lernt, wie man es weitergibt, sondern es werden auch soziale Kompetenzen geschult, es werden Kommunikationskompetenzen geschult. Für die Medienscouts selber ist das ein super Angebot, sich auch auf andere Weise zu qualifizieren, was ja für andere Bereiche auch sehr wertvolle Kompetenzen sind, die man dann einsetzen kann.

Wasinski: Das beobachten wir ja tatsächlich immer wieder, wenn wir Medienscouts begleiten. Nachdem die Qualifizierung stattgefunden hat haben die Schulen die Möglichkeit, Aufbauworkshops zu besuchen, dann auch zu Themen wie beispielsweise Cybermobbing oder Sexting oder Cybergrooming. Das sind dann so einzelne Workshops, in denen dann noch mal Fachwissen vermittelt wird. Und wenn man dann sieht, was für eine Weiterentwicklung stattgefunden hat mit den Schülerinnen und Schülern im Vergleich zum ersten Qualifizierungstag ist das wirklich total großartig zu sehen, wie stolz und wie kompetent sie in ihre Rolle hineingewachsen sind.

Dolgner: Das sind dann auch die Rückmeldungen an das Schulministerium oder an die Landesanstalt für Medien.

Wasinski: Ja, definitiv. Und wir sind auch immer total interessiert das zu begleiten und selber auch in den Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern zu kommen. Und das ist einfach sehr schön zu beobachten.

Pieper: Ich ergänze das mal um ein weiteres Angebot. Wenn eine Schule die Medienscouts und die Beratungskräfte verloren hat, weil die Beratungslehrkräfte zu einer anderen Schule gewechselt haben, vielleicht aber auch in den Ruhestand gegangen sind und man verpasst hat, neue Medienscouts intern nachzubilden, dann gibt es auch für diese Schulen ein Angebot, noch mal eine Qualifizierung zu machen, um neu zu starten, damit das Projekt an der Schule nicht verloren geht. Auch da kann man sich an die Landesanstalt für Medien wenden und sich noch mal qualifizieren lassen.

Wasinski: Und darüber hinaus merken wir auch immer wieder wie groß auch der Bedarf an Netzwerken ist unter den Schulen in einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt und da bieten wir auch Netzwerktreffen an für die Beratungsfachkräfte, sodass die auch noch mal die Möglichkeit haben, voneinander zu lernen die Schulen, neue Ansätze, Methoden und Impulse für die eigene Medienscoutarbeit zu bekommen und auch dann mit an ihre Schule zu nehmen. Und auch da kann man sich dann an uns wenden.

Pieper: Ich will noch mal eben sagen, was es für Möglichkeiten an der Schule gibt, überhaupt das Konzept umzusetzen. Also es gibt verschiedene Ansätze. Wir haben Schulen, die das im Wahlpflichtbereich machen, die also ein Wahlpflichtfach Medienscoutarbeit haben. Wir haben Schulen, die das an Elternabenden integrieren, dass die Medienscoutarbeit und das Beratungsangebot für die unteren Klassen anbieten. Und ich habe jetzt noch in den letzten Tagen ein Konzept von einer Schule gelesen, das fand ich sehr spannend, die haben in der fünften Klasse so einen Internetführerschein installiert, der von den Medienscouts durchgeführt wird und wo die Schülerinnen und Schüler nachher ein Zertifikat bekommen und einen Internetführerschein erworben haben mit all diesen Kompetenzen zu den Themen soziale Netzwerke, Cybermobbing und und und. Also es gibt ganz vielfältige Ansatzpunkte wie man das Konzept gewinnbringend in der Schule umsetzen kann.

Dolgner: Ich hoffe mal, es kostet nichts außer Zeit.

Pieper: Es kostet nichts außer Zeit und ja tatsächlich Engagement der Schulleitung und der Beratungslehrkräfte, aber natürlich auch der Schülerinnen und Schüler.

Dolgner: Das Thema Medienscouts das läuft also. Es wäre natürlich wünschenswert, wenn noch viel mehr Schulen daran teilnehmen und viel mehr Schülerinnen und Schüler ihre Mitschülerinnen und Mitschüler beraten auf diesem Themenfeld. Aber wie sieht es eigentlich im Primarbereich aus in der Grundschule? Da sollte man doch schon im Grunde genommen früh anfangen oder?

Pieper: Wir wissen natürlich, dass das Thema Medienkompetenz auch in der Grundschule schon eine große Rolle spielt. Da haben wir zum einen das Angebot Internet ABC, das auch von der Landesanstalt für Medien zur Verfügung gestellt wird. Aber wir glauben auch, dass wir mit dem Scoutprojekt in den Grundschulen tatsächlich Erfolg haben können. Wir haben im Moment ein Pilotprojekt an sechs Grundschulen, wo wir gucken wie man auch in der Grundschule das Projekt umsetzen kann. Dass das ein bisschen anders ausschaut, ist klar. Wenn Kinder acht oder neun Jahre alt sind, kann man nicht erwarten, dass sie andere Schülerinnen und Schüler beraten in der Form wie das Jugendliche können. Aber wir haben ein ganz tolles Stationsverfahren entwickelt, wo diese Schülerinnen und Schüler auch in einer Form der Beratung andere Schülerinnen und Schüler durch dieses Stationsverfahren führen und sie dabei unterstützen, sich sicher im Netz aufzuhalten und für sie angemessene Angebote zu nutzen.

Wasinski: Genau, die Rolle der Medienscouts an den Grundschulen ist vor allem, dass sie das Wissen nicht in der Form vermitteln, wie es die Medienscouts an den weiterführenden Schulen tun, sondern dass sie das Wissen, das sie haben, anwendbar machen für ihre Mitschülerinnen und Mitschüler.

Pieper: Also wir sind jetzt in der Pilotphase und müssen dann gucken, dass wir das erweitern, aber wir haben reichlich Grundschulen, die Interesse haben, sodass wir da ein bisschen verhalten sind zu sagen, wann wir das tatsächlich ausrollen, aber es wird kommen.

Wasinski: Man kann sich da auch auf unserer Webseite stetig informieren. Unter www.medienscouts-nrw.de veröffentlichen wir regelmäßig die Anmeldephasen sowohl für die Grundschule als auch für die weiterführende Schule. Da findet man auch alle weiterführenden Informationen zum Angebot und auch die Kontaktdaten zu uns beispielsweise.

Pieper: Zurückkommend auf die weiterführenden Schulen, weil Sie danach gefragt haben: Wie können wir möglichst viele Schulen einbinden? Wir haben die Kapazitäten erhöht und haben uns tatsächlich vorgenommen, bis 2027 allen Schulen der Sek. I, also allen weiterführenden Schulen, dieses Angebot zu machen. Das heißt, man kann sich jederzeit melden, auch wenn man vielleicht etwas warten muss bis man einen Platz in der Qualifizierung bekommt.

Dolgner: Wenn ich jetzt als Lehrkraft merke, da läuft auf einem Smartphone einer Schülerin oder eines Schülers irgendwas Obskures, irgendwas Seltsames. Oder die Schülerin oder der Schüler wendet sich an die Lehrkraft, wie sollte man dann damit umgehen? Sollte man dann sofort die Medienscouts einschalten, kann man da selber was machen oder wie sollte man sich da verhalten?

Pieper: Das hängt maßgeblich davon ab, was auf dem Smartphone ist. Wenn zum Beispiel pornografische Bilder drauf sind, sollte man es tunlichst vermeiden, diese Bilder zum Beispiel auf das eigene Handy zu überspielen, auch wenn man nur Beweise sichern will. Aber das sind alles Dinge, die die Medienscouts dann auch lernen. Auch an wen wende ich mich, wann ist eigentlich der Punkt, wo ich die Polizei einschalte? Also insofern würde ich immer davon ausgehen, dass sich die Beratungslehrkraft sich mit den Medienscouts zusammensetzt und gemeinsam überlegt, was ist jetzt zu tun? Wobei Sie richtig sagen, dass die Verantwortung natürlich bei der Beratungslehrkraft liegt. Wir dürfen die Medienscouts auch nicht überfordern, wenn wir in Bereiche von kriminellen Handlungen kommen. Da muss man auch einfach irgendwo eine Grenze ziehen und sagen, das ist ein Fall für die Polizei und keine Beratungsaufgabe mehr von Medienscouts. Also das ist uns klar. Aber das werden die Medienscouts in der Qualifizierung auch lernen, an welcher Stelle sie sagen müssen, also das ist jetzt nicht mehr meine Aufgabe. Da sind Erwachsene gefragt, die hier helfen und unterstützen müssen.

Wasinski: Genau. Bei Themen, die weniger kritisch sind, ist es auch total im Sinne des Angebots, dass Lehrkräfte und Medienscouts auf Augenhöhe miteinander arbeiten. Also dass die Hierarchien an der Stelle auf der gleichen Höhe sind und die Beratungskräfte den Medienscouts auch vertrauen und wirklich nur agieren, wenn sie gefragt werden und gebraucht werden und ansonsten den Medienscouts auch wirklich die Möglichkeit geben, ihre Beratungsrolle wahrzunehmen.

Dolgner: Ich denke, wir haben das Thema Medienscouts jetzt sehr gut erklärt. Gibt es zu diesem Thema auch noch irgendwie so ein „I-Tüpfelchen“? 

Wasinski: Ja, das würde ich definitiv so bezeichnen. Das ist nämlich unsere jährliche Medienscouts Convention NRW. Dort treffen Medienscouts aus ganz Nordrhein-Westfalen aufeinander zusammen mit ihren Beratungsfachkräften und ausgewählten Gästen und Prominenten aus der Medienbranche. Da gibt es dann die Möglichkeit, in verschiedenen Workshops sich auszutauschen, noch mal andere Themen näher zu beleuchten. Und die Vernetzung steht da eben auch ganz klar im Fokus. In diesem Jahr findet die Veranstaltung in Duisburg statt in der Mercatorhalle am 10. September. Und da freuen wir uns auch alle schon riesig drauf.

Dolgner: Frau Wasinksi, Frau Pieper, wir haben ein schönes Thema heute besprochen und ich sage vielen Dank für Ihre Zeit und für Ihre Informationen. Wollen wir mal hoffen, dass es alsbald eine Menge junger frischer Medienscouts gibt, die ihren Mitschülerinnen und Mitschülern einen sicheren Weg durch den digitalen Alltag bescheren. Vielen Dank dafür.

Wasinski: Ja, sehr gerne.

Pieper: Vielen Dank auch, wir freuen uns darauf!

Schwangere Lehrerinnen - Nachgefragt - Podcast Folge 2 Im Gespräch: Oliver Bals, Abteilungsleiter 2, Personal Schulbereich, Dienst- und Schulrecht

Audio
13:03 Minuten
25. April 2024

Wenn Lehrerinnen schwanger sind, müssen einige rechtliche Rahmungen seitens der Schulleitung, aber auch seitens der schwangeren Lehrerin, beachtet werden. Der Leiter der Abteilung 2, Oliver Bals, klärt in dieser Folge über die Anwendung der Regelungen zum Einsatz von schwangeren Lehrerinnen in Schule auf.

Podcast Folge 2 „Schwangere Lehrerinnen“ aufgezeichnet am 6. Feb. 2024 im Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen.

Ralf Dolgner: Herzlich Willkommen zu Nachgefragt im MSB, dem Podcast aus dem Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen. Mit diesem Format wollen wir Lehrkräfte, Schulleitungen und auch Schulaufsicht in NRW zu Themen informieren, die sie in ihrem Alltag bewegen. Das können Themen aus dem Schulgesetz sein, aus Erlassen oder Verwaltungsvorschriften, aber auch andere rechtliche Gegebenheiten, die in Schule wirken. Die wollen wir hier besprechen, und ich bin Ralf Dolgner aus dem Referat für Öffentlichkeitsarbeit, Amtsblatt und BASS und bei mir ist Herr Oliver Bals, er leitet die Abteilung 2 hier im Ministerium, dort geht es um alles Rechtliche. Guten Tag, Herr Bals.

Oliver Bals: Guten Tag Herr Dolgner.
Ralf Dolgner:  Kurz mal zur Einordnung, welche Rechtsgebiete in ihrer Abteilung werden da behandelt? 

Oliver Bals: Das sind schulgesetzliche Bestimmungen, Ausbildungs- und Prüfungsordnungen. Es geht um Fragen der Schulfinanzierung, Ersatzschulrecht, aber auch, das ist sozusagen die zweite Säule das Dienstrecht für Beamtinnen und Beamte, Tarifbeschäftigte, Fragen des Laufbahnrechts, der Besoldung, der Entgeltzuordnung und auch das Landespersonalvertretungsgesetzes.

Ralf Dolgner: Ja, und über das wollen wir heute mal reden. Es geht um einen Fragenkomplex, bei dem viele vermuten, es gebe sehr viele Möglichkeiten der Beantwortung. Aber ich stelle die Frage mal: Kann eine schwangere Lehrerin unterrichten, wenn an deren Schule positive Corona-Fälle gemeldet wurden? Das ist so eine Frage, mit denen wir uns in den nächsten Minuten beschäftigen wollen. Und der Einsatz von schwangeren Lehrerinnen an unseren Schulen ist ja ein häufig wiederkehrendes Thema, gerade auch in Beratungsgesprächen bei den Bezirksregierungen oder beim arbeitsmedizinischen Dienst, der BAD GmbH. Herr Bals, da gibt es viele Aspekte bei dieser Fragestellung. Schichten wir das mal ab. Was sollte bzw. muss eine schwangere Lehrerin machen, wenn die Schwangerschaft nun festgestellt wurde? 

Oliver Bals: Ja, sie muss oder sollte frühzeitig ihre Schwangerschaft anzeigen, das heißt die Schulleitung darüber informieren. Die Informationen kann durch eine Bescheinigung des Arztes oder einer Hebamme über den errechneten Geburtstermin erfolgen. Sie kann aber auch über eine Fotokopie des Mutterpasses erfolgen. Wichtig ist in dem Zusammenhang: Das betrifft nicht nur Lehrkräfte, die an der Schule in diesem Moment aktiv unterwegs sind, sondern das betrifft auch Lehrkräfte, die zum Beispiel beurlaubt sind, die auch sonstigen Gründen freigestellt sind. Also auch in diesen Fällen gilt, dass die Schulleitung darüber zu informieren ist. Die Schulleitung ihrerseits informiert die zuständige Schulaufsicht, das ist entweder das Schulamt oder die Bezirksregierung. Die Schwangere selbst vereinbart dann einen Termin beim betriebsärztlichen Dienst. Das Ergebnis dieses Termins ist später für die Gefährdungsbeurteilung relevant.

Ralf Dolgner: Auf die Gefährdungsbeurteilung kommen wir gleich noch drauf. Aber jetzt noch mal zu dem Umstand: Eine Lehrerin hat jetzt Kenntnis davon, dass sie schwanger ist. Ist sie denn verpflichtet, sofort wenn sie es weiß ihre Schulleitung zu informieren? 

Oliver Bals: Also, rechtlich ist es so, dass die Schwangere selbst darüber entscheidet, aber man muss natürlich sagen, dass es sich empfiehlt, möglichst frühzeitig darüber zu informieren, denn nur wer sich meldet, der kann davon ausgehen, dass er dann auch anschließend unter die entsprechenden schutzrechtlichen Vorschriften nach dem Mutterschutzgesetz gestellt werden kann.

Ralf Dolgner: Was muss dann eine Schulleitung veranlassen, wenn eine Lehrkraft ihre Schwangerschaft mitgeteilt hat?

Oliver Bals: Ja, das ist eine ganze Menge, denn die Schulleitung ist für den Arbeits- und Gesundheitsschutz an der Schule verantwortlich. Sie beurteilt deshalb auch die mutterschutzrechtlichen Bedingungen. Die Arbeitsbedingungen legen die Umsetzung der erforderlichen Schutzmaßnahmen fest. Wenn ich das mal chronologisch ablaufen lassen darf: Zunächst mal teilt sie natürlich der Schulaufsicht, also der Bezirksregierung oder dem Schulamt die Schwangerschaft mit. Dann spricht sie ein vorläufiges Kontaktverbot für den beruflichen Umgang mit Kindern für die Phase aus, wo der Status der Lehrerin eben noch nicht geklärt ist. Das kann natürlich bedeuten, dass auch weiterhin andere Tätigkeiten, die jetzt nicht unmittelbar mit zum Kontakt mit Kindern führen, nachgegangen werden kann, also Unterrichtsvorbereitung, Elternabende, Fernunterricht, Korrekturen, all das kann natürlich in dieser Zeit wahrgenommen werden. Ja, die Schulleitung prüft im Rahmen der. Gefährdungsbeurteilung nach Mutterschutzgesetz, welche relevanten Gefährdungsfaktoren bei der Beschäftigung der Schwangeren vorliegen. Sie achtet darauf, dass sie nicht mit Arbeiten beauftragt wird, die das Leben oder die Gesundheit von Mutter oder Kind gefährden können. In der Gefährdungsbeurteilung beurteilt die Schulleitung die Arbeitsbedingungen jeder Tätigkeit, die die Schwangere wahrnimmt, auf mögliche Gefährdungen. Im Hinblick auf Infektionsgefährdung ist der Schulleitung zu empfehlen, die arbeitsmedizinische Empfehlung des betriebsärztlichen Dienstes zu berücksichtigen. Diese spiegelt das Ergebnis des Untersuchungs- und Beratungstermins wider. So, und anschließend geht es um die Frage der Festsetzung und Umsetzung von erforderlichen Schutzmaßnahmen. Diese werden im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung vorgenommen. Werden Gefährdungen festgestellt, so sind Schutzmaßnahmen anhand einer nach dem Mutterschutzgesetz verpflichtenden Rangfolge festzusetzen. Dazu gehört unter Umständen ein betriebliches Beschäftigungsverbot durch die Schulleitung, wenn, das jetzt ganz entscheidend, eine festgestellte Gefährdung nach umfassender Prüfung nicht durch andere Schutzmaßnahmen beseitigt werden kann. Oftmals wird behauptet, die BAD erteile dieses Beschäftigungsverbot. Rechtlich und auch tatsächlich ist es so, dass die Schulleitung dies aus eigener Verantwortung macht. Ja, natürlich ist das Ganze zu dokumentieren. Auch das ergibt sich aus dem Mutterschutzgesetz. Die Schwangere ist über das Ergebnis zu informieren. Ihr ist ein entsprechendes Gesprächsangebot zu unterbreiten. Und natürlich, das ist ganz wichtig, die Schulleitung ist nicht allein. Sie kann zu jedem Zeitpunkt des Prozesses Kontakt zum betriebsärztlichen Dienst aufnehmen. 

Ralf Dolgner: Gut, ein vorläufiges Kontaktverbot haben wir jetzt geklärt. Das bedeutet, dass man dann ja im Grunde genommen auf eine Gefährdungsbeurteilung und Einbeziehung der BAD GmbH wartet. So, wenn das denn eintritt und wie gesagt, es tritt in der Schule ein Infektionsfall auf in dieser Klasse der Lehrerin, muss diese schwangere Lehrerin also sofort vom Präsenzunterricht befreit werden?

Oliver Bals: Die Antwort dieses relativ eindeutig. Nein, eine pauschale Annahme eines erforderlichen Beschäftigungsverbotes bei einem auftretenden Corona-Infektionsfall ist nicht gerechtfertigt nach dem Mutterschutzgesetz, denn ich habe es ja ausgeführt: Ausgangspunkt ist immer die individuelle Gefährdungsbeurteilung, die kann zu einem Beschäftigungsverbot führen. Sie muss es aber nicht und das ist ganz wichtig. Entscheidend ist die Bewertung der persönlichen Umstände bei der schwangeren Frau einerseits aber auch der Arbeitsplatz. Und hier wiederum die Frage, ob die Schwangere zum Beispiel mit Schülerinnen und Schülern der gleichen Klasse bzw. der Lerngruppe der infizierten Personen in Kontakt stand, in unmittelbaren Kontakt stand. Und das haben wir als Haus erst kürzlich in Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium auch durch einen entsprechenden Runderlass klargestellt. 

Ralf Dolgner: Okay das war eine sehr lange Antwort. Trotzdem noch mal nachgefragt: Ist es denn egal ob er sich, wir haben ja eingangs gesagt Corona, ob er sich hier um Corona handelt oder auch um andere Infektionskrankheiten? 

Oliver Bals: Das was ich gerade sage gilt prinzipiell auch für Infektionskrankheiten, die ja für eine Schwangerschaft relevant sein können. Das ist natürlich nicht bei einer Erkältung der Fall. 

Ralf Dolgner: Okay, so jetzt sagt die schwangere Lehrerin: Mensch, bis zu den Sommerferien bin ich dann im siebten Monat, aber da möchte ich meine Klasse noch unbedingt weiter unterrichten trotz eines Corona-Falls. Sie sagt auch, ich unterschreibe alles was ihr wollt. Ich möchte das gerne tun. Wie sollte man sich da verhalten als Schulleitung? 

Oliver Bals: Ja, das ist eine Frage, die uns immer wieder gestellt wird, aber die Antwort ist sehr eindeutig. Wenn ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen worden ist, dann gilt dies und dann ist die die schwangere Lehrkraft sozusagen nicht in der Lage das auszusetzen oder durch eigenes Handeln irgendwie zu konterkarieren. Das heißt sie ist daran gebunden und sie muss dies beachten. Auch wenn sie vielleicht innerlich sagt, ich würde gerne weiter unterrichten. 

Ralf Dolgner: Ist es denn bei all dem wichtig, ob jemand, also die Schwangere gegen Corona geimpft ist? 

Oliver Bals: Diese Frage wird uns auch immer wieder gestellt. Ja, es ist natürlich schon wichtig, wie ist sozusagen der Status? Das wird aber alles im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt und natürlich beschäftigen sich damit die Fachleute bei der BAD und das fließt alles ein in die Empfehlung des betriebsärztlichen Dienstes. 

Ralf Dolgner: Das heißt für die Lehrerin also, sie darf nicht in der Klasse auftreten. Darf sie denn zu Hause für Tätigkeiten eingesetzt werden, meinetwegen Schulprojekte im Homeoffice organisieren oder sogar in Schule vielleicht im Lehrerzimmer arbeiten? Ist das möglich? 

Oliver Bals: Ja, das ist natürlich möglich und das ist auch gängige Praxis, und ich glaube, Schulleitungen und Lehrerinnen finden da sicherlich einen guten Weg. Entscheidend ist immer, dass es sich um einen adäquaten alternativen Arbeitsplatz handelt, wo die Schwangere eben nicht gefährdet ist. Die Umsetzung, so heißt es, muss der Schwangeren zumutbar sein. All das ist zu berücksichtigen, aber ich glaube da werden gute Wege gefunden und das hat auch in der Vergangenheit eigentlich immer gut funktioniert. 

Ralf Dolgner: Ich denke wir haben alles umrissen alles noch mal verschärft, also ausgeschärft, sagen wir mal so. Lieber Herr Bals, vielen Dank für Ihre Zeit. Wir konnten heute, glaube ich, Eigenes besprechen. Aber sicher nicht alles. Wen spreche ich denn am besten an, wenn meine Frage hier noch nicht beantwortet wurde? Oder wenn ich als Schulleiter kurzfristig auf eine Lehrerin verzichten muss und dringend Ersatz benötige, was mache ich dann ja? 

Oliver Bals: Ja, das will ich in der Weise beantworten, dass für Lehrerin gilt. Die Schulleitung sowie die Ansprechperson bei der BRD sind natürlich zu kontaktieren und werden auch kontaktiert und die

Damen und Herren nehmen sich dann auch die Zeit dafür, das ist selbstverständlich. Für Schulleiterinnen und Schulleiter empfehle ich immer die Einbeziehung der Schulaufsicht. Entweder das Schulamt oder die Bezirksregierung. Das richtet sich nach der jeweiligen Schulform und natürlich steht auch hier die BAD mit Rat und Tat zur Seite. Die Kolleginnen und Kollegen der zuständigen Schulaufsicht sind natürlich auch Ansprechpersonen für alle personalrechtlichen und haushalterischen Fragen, die sich in Folge eines Beschäftigungsverbotes an der Schule stellen können. 

Ralf Dolgner: Ich fasse zum Schluss mal zusammen. Es ist natürlich wichtig für Schule das Unterricht stattfindet. Ist aber natürlich genauso wichtig für eine schwangere Frau, dass sie das Leib und Leben von Kind und Mutter natürlich im Vordergrund stehen. Das glaube ich haben wir ganz gut zueinander gekriegt. Sie haben es, glaube ich, ganz gut erklärt. Daher danke für ihre Zeit für diesen Podcast und zu einem anderen Thema zu einer anderen Zeit werden wir uns dann hier wieder hören. 

Oliver Bals: Ja, herzlichen Dank auch von meiner Seite.

KI in Schule - Podcast - Folge 1 Im Gespräch: Dr. Tanja Reinlein, Abteilungsleiterin 3, Berufliche Bildung, Lehren und Lernen in der Digitalen Welt, Prävention und Integration, Internationales

Audio
14:11 Minuten
25. April 2024

KI ist momentan auch in den Schulen in Nordrhein-Westfalen ein großes Thema. Dr. Tanja Reinlein, Abteilungsleiterin 3 im Schulministerium, spricht über das Lehren und Lernen in der digitalen Welt, insbesondere über den sinnvollen Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Schule. 

Podcast Folge 1 „KI in Schule“ aufgezeichnet am 17. April 2024 im Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen

Interviewer: Ralf Dolgner, Referatsleiter 126 Öffentlichkeitsarbeit, Amtsblatt

Interviewte: Dr. Tanja Reinlein, Abteilungsleiterin 3, Berufliche Bildung, Lehren und Lernen in der Digitalen Welt, Prävention und Integration, Internationales

Ralf Dolgner:

Herzlich willkommen zu „Nachgefragt“, dem Podcast aus dem Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen. Wir möchten hier mit diesem neuen Format in einiger Regelmäßigkeit über schulische Themen sprechen. Sprechen deshalb, weil es eben manchmal doch hilfreicher ist, die Bedeutung bestimmter Sachverhalte aus Erlassen, aus Schul- und Verwaltungsvorschriften, aus Lehrplänen oder Handreichungen verständlicher zu machen. Also sprechen wir heute mit der Abteilungsleiterin 3 hier im Schulministerium, Frau Dr. Reinlein, über das Lehren und Lernen in der digitalen Welt, speziell aber über das Nutzen und den Nutzen von KI, von künstlicher Intelligenz. Hallo Frau Dr. Reinlein. 

Dr. Tanja Reinlein:

Guten Tag Herr Dolgner, ich freue mich auf unser Gespräch.

Ralf Dolgner:

KI ist ja momentan in aller Munde auch in unseren Schulen ist das ein großes Thema. ChatGPT oder andere Text generierende Tools, da gibt's ja mittlerweile eine Vielzahl von Ablegern – in aller Kürze: Wie funktioniert das? Was ist das überhaupt? 

Dr. Tanja Reinlein:

Also, Sie haben ChatGPT erwähnt. ChatGPT ist ein Chatbot, der in verschiedenen Sprachen Fragen beantworten, Texte zusammenfassen oder auch bewerten, Gedichte und auch Computerprogramme schreiben kann. Und im Grunde ist das ein Programm, also ein Large-Language-Modell, so würden die Informatiker sagen, das darauf trainiert ist, mit bestimmten Texten, mit bestimmten Daten die wahrscheinlichste Antwort auf Fragen zu wiedergeben. Das heißt, im Grunde weiß diese Anwendung nicht was richtig ist, sondern es errechnet mit einer hohen Rechnerleistung, was als nächstes semantisch oder als nächste semantische Einheit ausgespuckt wird. Und je mehr man natürlich trainiert und je mehr Texte man hineingibt, desto valider werden diese Berechnungen und deshalb sind eben diese, ist dieser Chatbot, dieses ChatGPT so unfassbar wirkmächtig und man kann sich wirklich nur wundern, welche Antworten daraus generiert werden. 

Ralf Dolgner:

Ja, das ist ja ein tolles Tool für Schule! Wie können dann Lehrerinnen und Lehrer das sinnvoll nutzen? 

Dr. Tanja Reinlein:
Also, das ist ein tolles Tool für Schule. Aber man muss sich natürlich erstmal überlegen, warum es ein tolles Tool für Schule ist. Es ist ja nicht toll, weil auf einmal ein Bot genau berechnen kann, was die richtige Antwort ist. Das wäre ja ein bisschen kurz gesprungen. Das ist sowohl für die Lehrkräfte als auch für die Schüler ja nicht das, was in Schule bei Bildungsprozessen zählt. Sondern man muss sich überlegen: Was kann ich denn mit so einem wirkmächtigen Tool machen, damit es den Lernprozess der Schülerinnen Schüler in guter Art und Weise unterstützt? So! Und schlecht sind natürlich dann die Dinge, die man macht einfach zur Entlastung von Schülern, also dass sie nicht mehr selber denken, sondern dann stelle ich mal die Frage an den Chatbot und dann ist gut, dann bekomme ich die richtige Antwort und im „besten“ Fall habe ich dann noch die Möglichkeit, damit zu pfuschen und die Lehrerin oder der Lehrer merkt es nicht. Das kann es nicht sein!  Damit machen wir am Ende des Tages alles kaputt und die Schülerin oder der Schüler lernt überhaupt nichts.

Aber wir haben mit diesem Tool natürlich die Möglichkeit, das Lernen der Schüler zu unterstützen. Und was meine ich damit konkret? Ich kann mir ja einen Privatlehrer eigentlich an die Seite stellen und den Chatbot fragen, wenn ich bei bestimmten Prozessen, in dem wie ich meine Aufgabe bearbeite, nicht weiterweiß, kann ich durch kluge Prompts, so nennt man die Fragen, die man an solchen Bots stellt, eben mir Hilfestellungen holen. Und das muss man mit den Schülern trainieren, dass man im Grunde noch eine weitere Lehrkraft eine weitere Unterstützung eben neben sich stehen hat, die hier sehr individuell auf den eigenen Lernprozess schaut. Das ist auf jeden Fall, glaube ich, das große Versprechen auch der didaktischen Nutzung, dass wir das werden in Zukunft noch deutlicher herausarbeiten können. 

Ralf Dolgner: 
Können Sie ein, zwei Beispiele geben, wie ich das als Lehrkraft dann tatsächlich in meiner Arbeit einsetzen könnte? 

Dr. Tanja Reinlein:
Also, ich kann als Lehrkraft, wenn ich mich gut mit dem System auseinandergesetzt habe und mit den Schülern zum Beispiel im Deutschunterricht daran arbeite, eine bestimmte Textsorte gut vermitteln und die SchülerInnen anhalten, diese Texte mit den Kriterien, die dafür veranschlagt worden sind, zu schreiben, das eben trainiere. Wenn ich jetzt die Möglichkeit habe, bei 30 Schülern in der Klasse, den Chatbot zu fragen oder zu bitten, dass er auf der Grundlage der Kriterien, die vorher ja klar waren, eine Rückmeldung für den einzelnen Schüler gibt, habe ich als Lehrkraft nicht die Arbeit, dass ich 30 mal individuell genau diesen Text gelesen haben muss und vor allen Dingen kann man das eben in den Arbeitsprozess integrieren. Das heißt, ich lasse die Schüler etwas schreiben, der Text wird vom Chatbot bewertet, nicht im Sinne einer Note, sondern im Sinne eines Feedbacks, was formativ also den Arbeitsprozess begleitet. Und dann geht es weiter im Arbeitsprozess. Das heißt, ich kann mir diese Möglichkeiten heranziehen, um wirklich intensiv mit den Schülerinnen und Schülern an Aufgabenstellungen zu arbeiten. 

Ralf Dolgner:

Apropos Schülerinnen und Schüler. Wie können die das einsetzen? Worauf müssen die achten? 

Dr. Tanja Reinlein:
Also, die Schülerinnen und Schüler nutzen das ja sowieso, muss man sagen. Also, egal ob wir es jetzt klug als Lehrkräfte in den Schulen einsetzen oder nicht. Bei den Schülern ist es Gang und Gebe, dass sie da auch hinschauen. Aber wir sehen natürlich auch jetzt schon wieder: Schülerinnen und Schüler, die über eine hohe Medienkompetenz verfügen, die setzen diesen Chatbot ganz anders ein als die, die glauben, dass man damit einfach den Lehrer hinter die nächste Fichte führen kann. 

Ralf Dolgner:

Wie setzen die denn das ein? 

Dr. Tanja Reinlein:

Diejenigen, die meinen, damit kann man einfach schummeln, haben es einfach unterm Tisch und sagen, OK, das ist die Antwort auf die Frage, die der Lehrer gerade gefragt hat. In der Regel kommen die Lehrer aber natürlich dahinter, dass das einfach ein abgelesenes Wissen ist, was aber überhaupt keine Vernetzung ausgelöst hat. Den Lehrkräften und den Schulen empfehlen wir natürlich, dass sie andere Aufgaben stellen müssen, dass es größere Zusammenhänge gibt, die man eben nicht mal eben mit einer Frage an den Chatbot beantwortet haben kann, sondern dass man individuelle Bezüge, Bezüge zum Unterricht zu größeren Problemlagen hat, so dass es nicht wahrscheinlich ist, ganz schnell, die passende Antwort hat. Sondern, man müsste dann eben mit der KI arbeiten. Das wiederum empfehlen wir aber im hohen Maße. Denn es wird natürlich zukünftig auch sehr, sehr wichtig sein, dass wir in der Lage sind als Gesellschaft, und damit eben auch Schülerinnen und Schüler, die wir ja für künftige Situationen ausbilden, dass wir in der Lage sind, in eine versierte Co-Aktivität, so nennen es die Wissenschaftler, mit dieser Anwendung zu treten. Also, dass ich sie nicht als Ersatz für mein Wissen verstehe, sondern in der Lage bin, im Grunde im Zwiegespräch mit dieser Anwendung zu besseren Ergebnissen zu kommen in gegebenenfalls auch kürzerer Zeit. Und dafür muss ich verstehen, wie funktioniert das eigentlich? Damit muss ich aber auch genau verstehen: Was will ich eigentlich jetzt im Moment? Die Aufgabenstellung muss sehr passgenau sein und ich muss darüber verfügen können, ja über ein Repertoire verfügen können, was es ermöglicht, mit dieser Maschine zu diesen Ergebnissen zu kommen. 

Ralf Dolgner:
Wie können sich denn Lehrkräfte zu diesem Thema bilden? 

Dr. Tanja Reinlein:

Ja, also das ist natürlich eine essentielle Frage. Die Lehrkräfte haben natürlich auf der einen Seite auch Angebote erhalten über die Fortbildung. Wir sind damit gestartet, dass wir eben dort auch Dinge vorhalten. Wir haben sehr schnell den Handlungsleitfaden zu KI veröffentlicht, wo es erstmal eine grundsätzliche Orientierung gegeben hat und mit Hilfe der QUA-LiS haben wir auch Unterrichtsbeispiele an die Hand gegeben. Das heißt, wir haben so einen Grundstock, der erst einmal, denke ich, geholfen hat und der in den Schulen auch gut aufgenommen worden ist. Trotzdem sehen wir natürlich, dass vor allen Dingen bei der Art und Weise, wie sich das Feld Künstliche Intelligenz rasant weiterentwickelt, dass wir hier auch noch mehr investieren müssen, dass wir die Lehrkräfte noch mehr unterstützen müssen, das Basiswissen über KI auch wirklich zu erhalten. Und wir werden am Ende des Tages als Länder - und jetzt spreche ich mal ein bisschen so aus der Länderperspektive - gemeinsam auch etwas an die Hand geben müssen, was wirklich auch didaktisch sinnvoll eingesetzt werden kann, was sozusagen ein Chatbot ist, der trainiert worden ist auf diesen Bildungsbereich auf Schule und dort auf bestimmte Fächer.

Ralf Dolgner:
Stichwort KMK-Arbeitsgruppe - Wer hat da eigentlich den Hut auf und was ist da geplant? 

Dr. Tanja Reinlein:

Also, wir haben als Länder, glaube ich, alle sehr stark mitbekommen, dass das eine Anwendung oder eine Technologie ist, die sehr viel verändern wird. Und nachdem die erste Faszination über „Was kann das sein?“ und auch jedes Land eigentlich versucht hat, den Schulen schnell etwas zu geben, ist doch der Wunsch entstanden, dass wir uns als Länder eng abstimmen. In der KMK gibt es die digicom, das höchste Gremium, was die Entscheidung über die digitalisierungsbezogenen Prozesse eben vorbereitet. Dort ist eine Adhoc-AG KI gegründet worden mit allen 16 Ländern und in dieser Adhoc-AG KI werden im Moment Handlungsempfehlungen vorbereitet, die dann eben als Empfehlungen von den Ländern sehr ernst genommen werden. 

NRW darf dort im Moment den Vorsitz führen, darüber freuen wir uns sehr. Wir waren auch das erste Bundesland, das darf ich mit ein wenig Stolz sagen, dass einen Handlungsleitfaden veröffentlicht hat und von daher war das für die Länder auch sehr akzeptabel.

Ralf Dolgner:
Es gibt ja nicht nur den Handlungsleitfaden. Es gibt ja mittlerweile auch eine ganz wunderbare Webseite zum Thema digitales Lehren und Lernen.

Dr. Tanja Reinlein:
Ja, das stimmt. Also, wir haben versucht, für die Schulen auch die Materialien, die wir zur Verfügung stellen, nicht nur für KI, sondern für Lehren und Lernen in der digitalen Welt, Sie haben es gesagt, so aufzubereiten, dass sie es schnell finden können und zwar nach bestimmten Bedarfslagen. Also wenn ich auf bestimmte unterrichtliche Perspektiven einzahlen möchte, dann kann ich unter bestimmten Schlagwörtern das dann eben suchen. Also unter www.lernen-digital.nrw.de können Sie alles nachschauen, was wir in NRW den Schulen zur Verfügung stellen. 

Ralf Dolgner:
Immer, wenn es um das Digitale geht und um das Internet ist ja ein Aspekt auch sehr wichtig: Datenschutz. Was ist da der Stand der Dinge zurzeit und in Richtung, mit Blick auf KI?

Dr. Tanja Reinlein:

Ja, das stimmt. Im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI-Anwendungen im Unterricht sind natürlich verschiedene Aspekte zu beachten und vor allen Dingen der Datenschutz ist ein ganz, ganz wichtiger Aspekt. Im Moment haben wir den Schulen sagen müssen, dass es nicht empfehlenswert ist, dass die Nutzung von ChatGPT im Unterricht auf eigenen Geräten der Schülerinnen und Schüler stattfindet. Das hat einfach den Grund, dass diese Anwendung, also wenn man einen Zugang oder eine Lizenz von ChatGPT von OpenAI kauft, das klar ist, dass Daten erhoben werden, die wir nach dem Datenschutz eigentlich für schützenswert halten. 

Bei Lehrkräften ist das natürlich eine freiwillige Entscheidung, ob sie es machen. Das verbieten wir den Lehrkräften natürlich nicht, wir ermuntern sie sogar, dass wir ChatGPT gerne im Unterricht auch genutzt haben möchten. Aber Sie sehen schon an der Antwort - da fehlt eigentlich was und das ist eigentlich das, was die Länder sich ganz groß auf die Fahne geschrieben haben auf der KMK Ebene: Wir möchten den Schulen einen kostenfreien und datenschutzrechtlich unbedenklichen Zugang zu einem Large-Language Modell anbieten, sodass nicht jede Schule selbst sich auf den Weg machen muss. Es gibt Anwendungen, die bisher schon auch datenschutzrechtlich unbedenklich laufen. Wenn man da ein bisschen recherchiert, kommt man auf diese Player, für die ich jetzt nicht Werbung machen möchte, aber wo es dann eben für die Schulen auch möglich ist, datenschutzrechtlich unbedenklich das auch zu nutzen. 

Aber in Länderhoheit, wo wir auch sagen können, wir trainieren am Ende des Tages vielleicht auch mal einen Chatbot für ein bestimmtes Fach mit bestimmten Bedarfen für unsere Schulen - das wäre toll und da werden wir sehr viel Arbeit hineinstecken.

Ralf Dolgner:

Also, meine letzte Frage ist eigentlich: Ist denn KI nun eher Fluch oder ein Segen? Ich lasse das mit dem Fluch mal weg, oder? 

Dr. Tanja Reinlein:
Das können Sie weglassen. Ich glaube aber auch, dass man eine solche Frage kaum beantworten kann, weil es sehr, sehr stark davon abhängen wird, welche Perspektive man einnimmt. Ich glaube, es ist ein Segen dafür, dass wir bestimmte Dinge automatisieren können, dass wir einige Dinge schneller auswerten können, dass wir uns stärker begleiten lassen können, dass wir vielleicht nicht alles selber machen müssen. Aber wir werden es weiter verstanden haben müssen, was am Ende des Tages das Produkt sein soll und wir werden über die Fertigkeiten auch weiter selber verfügen müssen. Also von daher, wenn wir uns selbst im Weg stehen und nicht lernen mit dieser Technologie vernünftig und gut im Sinne von Bildungsprozessen zu arbeiten, dann wäre es am Ende des Tages ein Fluch, aber ich bin ganz guter Dinge, dass wir es schaffen werden, da sehr positiv mit umzugehen. 

Ralf Dolgner:

Und genau deshalb arbeiten Sie in der Abteilung 3 an diesem Thema. Und Nordrhein-Westfalens Schulen, glaube ich, für die wird es alsbald hoffentlich ein Segen sein, mit KI zu arbeiten. Frau Dr. Reinlein, besten Dank für das Gespräch.

Dr. Tanja Reinlein:
Ich bedanke mich bei Ihnen für das interessante Gespräch und die Gelegenheit es darzulegen. 

Ralf Dolgner:

Und alsbald kommt eine neue Folge des Podcasts „Nachgefragt“. Einfach hier mal wieder reinhören.